In der Branche Gebäudeunterhalt und -reinigung arbeiten heute rund 50 Prozent mehr Personen als am Ende der 1990er Jahre. Die gesamte Beschäftigung nahm im selben Zeitraum um etwas mehr als 10 Prozent zu. Die Reinigungsbranche ist nicht deshalb so stark gewachsen, weil in der Schweiz mehr geputzt wird als früher, sondern das Wachstum ist die Folge von zahlreichen Auslagerungen.
Diese Auslagerungen waren Gift für die Arbeitsbedingungen in der Reinigung. Der Mindestlohn in der Branche beträgt rund 20 Franken pro Stunde, wenn die Ferienentschädigung und der Anteil am 13. Monatslohn berücksichtigt werden. Wäre das Reinigungspersonal hingegen beispielsweise bei den Banken direkt angestellt, kämen die Betroffenen selbst beim tiefsten Mindestlohn in den Banken auf ungefähr 27 Franken pro Stunde.
Vor allem Grossbetriebe wie UBS, Credit Suisse, Novartis oder Swisscom haben die Reinigung in externe Firmen ausgelagert. Bei der UBS erfolgte das beispielsweise im Jahr 2006 durch eine Verselbständigung der Abteilung in einer neuen Firma mit Namen Edelweiss FM. Bei vielen Auslagerungen wurde von den externen Reinigungsfirmen verlangt, dass sie die Arbeitsbedingungen der vormals direkt angestellten Beschäftigten übernehmen. Doch diese Garantie wirkte nur vorübergehend. Denn erstens herrscht in der Branche eine beträchtliche Fluktuation; bei Neueinstellungen konnten dann tiefere Löhne vereinbart werden. Und zweitens wurden Reinigungsfirmen an andere verkauft, die sich nicht an die Vereinbarungen halten mussten. So auch die ehemalige UBS-Reinigung, die Edelweiss FM. Die Edelweiss wurde von ISS übernommen – einer weltweit tätigen Firma mit Sitz in Dänemark.
In Gewerkschaftskreisen ist ISS vor allem dadurch bekannt, dass die Firma auf dem Genfer Flughafen im vergangenen Jahr den GAV gekündigt hatte, um tiefere Löhne durchzudrücken. Ein Unterfangen, das der VPOD mit einem Streik bekämpft hatte. ISS ist im Eigentum von Private Equity Investmentfonds. Diese wiederum gehören der Schwedischen Oligarchenfamilie Wallenberg sowie der Investment Bank Goldman Sachs.
Damit schliesst sich der Kreis. Die Banken und Grossfirmen lagern die Reinigung aus, um Kosten zu sparen bzw. mehr Gewinn zu machen. Diese Einsparungen erfolgen zu einem grossen Teil zulasten des Reinigungspersonals, indem dessen Minimallöhne stark sinken. Das macht es den Reinigungsfirmen möglich, selber Gewinne zu schreiben. Gewinne, die wieder Banken zugutekommen, die die Reinigungsfirmen gekauft haben.
Diesem Lohndruck auf Kosten des Reinigungspersonals kann mit der SGB-Mindestlohninitiative ein Ende gemacht werden. Wenn das Reinigungspersonal mehr Lohn erhält, lohnt sich die Auslagerung nicht mehr.