Am 21. März wird der Ständerat wohl wie zuvor der Nationalrat die Juso-Volksinitiative „1 : 12 – Für gerechte Löhne“ zur Ablehnung empfehlen. Aber beim späteren Urnengang werden die Karten neu gemischt.
Das Ja zur Minder-Initiative kann heute, zwei Tage vor dem Abstimmungstermin, als ziemlich sicher gelten. Ebenso sicher ist aber auch: Es wird sich, die Bestimmungen dieser Initiative einmal umgesetzt, an den riesigen Lohnscheren nicht viel ändern. Die Erfahrung aus angelsächsischen Ländern zeigt: Es sind nicht die Aktionäre, die Lohnabstände schmälern. Die Verhältnisse vom allerhöchsten zum allertiefsten Lohn werden bei den grossen börsenkotierten Schweizer Firmen weiterhin in galaktischen Dimensionen liegen. 2011 betrugen diese Werte bei Novartis 266:1, bei Nestlé 215:1, bei Roche 213:1.
Die Juso-Volksinitiative „1 : 12 – Für gerechte Löhne“ greift im Unterschied zur Abzockerinitiative von Unternehmer Minder direkt ins Räderwerk ungerechter Verteilung. Sie bindet den höchsten an den tiefsten Lohn – und umgekehrt. Wenn der höchste Lohn in einem Unternehmen höchstens 12 x höher sein darf als der tiefste Lohn im selben Unternehmen, dann wird – einigermassen – Lohngerechtigkeit visiert. Dann wird auch die Würde der in den unteren Lohnsegmenten Beschäftigten wieder hergestellt.
Der SGB spricht sich klar und eindeutig für den 1:12-Volksvorschlag aus. In den heutigen Lohnscheren spiegelt sich reine Willkür und die Arroganz einer abgenabelten Managerelite.
Der Ständerat wird die Volksinitiative ablehnen. Beim späteren Urnengang aber geht es zurück auf Feld 1. Denn dann wird die Abzockerei munter weiter wuchern. Der Zorn im Volk auch. Und: wetten, dass Economiesuisse dann wieder millionenschwer die Apokalypse der hiesigen Wirtschaft malen wird. Dieser Mix von Enttäuschung, Einsicht und arroganter Privilegienverteidigung ist eine Saat, die unerwartete Frucht abwerfen kann.