Den Dammbruch verhindern

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Verfasst durch Thomas Zimmermann

Nachtarbeit darf nicht zum Normalfall werden

Die Stimmberechtigten könnten zurzeit leicht den Eindruck bekommen, dass sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsgesetz zu einem nichtigen Thema an die Urne gerufen werden. Der Eindruck trügt: Am 22. September geht es darum, den Dammbruch für den 24-Stunden-Arbeitstag im Verkauf zu verhindern.

Im Kampf für einen weiteren Schritt in Richtung 24-Stunden-Arbeitsgesellschaft wird uns zurzeit beinahe täglich vorgeworfen, eine „absurde bürokratische Massnahme“ zu verteidigen. Absurd sind jedoch vielmehr die dazu ins Feld geführten Beispiele. So etwa der Campingcar-Fahrer, der nachts um 3 Uhr dringend WC-Papier braucht und wegen abgedeckter Auslage nicht erhält. In der Realität würde der Campingcar-Fahrer doch wohl eher die Toilette des Tankstellenshop-Bistros aufsuchen, statt WC-Papier zu kaufen und seinen Wohnwagen zu verstinken. Damit gilt auch für das WC-Papier, was für die Tiefkühlpizza gilt: Der Verkauf dieser Produkte mitten in der Nacht entspricht nicht einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis.

Ein solches Bedürfnis muss aber laut Arbeitsgesetz ausgewiesen sein, wenn vom Nacht- und Sonntagsarbeitsverbot abgewichen werden soll. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Feuerwehr in der Nacht Feuer löschen kann und der Apotheker auch um 2 Uhr morgens Medikamente verkaufen darf. Bis vor kurzem war in Bundesbern für die Mehrheit von Regierung und Parlament selbstverständlich, dass der Verkauf von Tiefkühlpizzas, Putzmittel und Zehnerkartons Bier nicht einem solch dringenden Bedürfnis entsprechen.

Wichtige Bedürfnisse schon lange gedeckt

Erst das intensive Lobbying der Tankstellenshop-Betreiber (darunter auch die Grossverteiler Migros und Coop, die mit Migrolino und Coop Pronto auf Expansionskurs sind) liess die Parlamentarier von dem wichtigen Prinzip abrücken, dass die gesundheitsschädliche Nacht- und die familienunfreundliche Sonntagsarbeit in unserer Gesellschaft die strikte Ausnahme bleiben sollen. Damit öffnen sie die Büchse der Pandora: Sie lassen erstmals in einem bestimmten Segment des Detailhandels den 24-Stunden-Betrieb zu. Das ist alles andere als bedeutungslos. Das ist ein Dammbruch. Denn andere Detailhändler werden umgehend Gleichbehandlung und gleich lange Spiesse fordern wie die Tankstellenbetreiber. Im Parlament sind dazu die Vorstösse schon lanciert. So verlangen die Grünliberalen, dass in Zukunft alle Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 120 m2 rund um die Uhr geöffnet haben dürfen. Begründet wird diese massive Ausweitung der Nachtarbeit mit der nun vorliegenden Änderung des Arbeitsgesetzes: Was den Tankstellenshops gewährt wird, soll aus Gründen der Gleichbehandlung auch Quartierläden möglich sein.

Damit würde unnötige Nachtarbeit zum Normalfall – mit all ihren negativen Folgen für die Gesundheit und das Sozialleben der betroffenen ArbeitnehmerInnen. Die Aushöhlung des Arbeitnehmerschutzes und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen können wir bereits jetzt stoppen: Mit einem klaren Nein am 22. September.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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