Das Parlament hat Verantwortung übernommen – jetzt sind Kantone dran!

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Verfasst durch Luca Cirigliano

Revision des öffentlichen Beschaffungswesens

Bei der Revision des  öffentlichen Beschaffungswesens konnten die Gewerkschaften Verschlechterungen verhindern. Nun müssen die Kantone ihre Verantwortung wahrnehmen.
Das öffentliche Beschaffungswesen ist zentral für die Arbeitnehmenden, denn ein schlecht verfasstes BöB kann Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor öffnen. Umso erfreulicher ist, dass es den Gewerkschaften bei der Totalrevision des BöB gelungen ist, Verschlechterungen zu verhindern.

Besonders der Vorschlag, auf das Leistungsortsprinzip zu verzichten, hätte zu massiv mehr Dumping geführt. Die Eidgenössischen Räte haben sich mit dem neuen BöB weg von der ruinösen Preisspirale hin zu sozialer und nachhaltiger Qualität bewegt, ein erfreulicher Sieg für die Gewerkschaften. Zufrieden ist der SGB auch damit, dass öffentliche Pensionskassen nicht mehr dem BöB unterstehen.
Dennoch bleibt viel zu tun, diesmal bei der Umsetzung in den Kantonen: Sie müssen weiterführende Verbesserungen gegen Missbräuche und Prekarisierungen wie endlose Subunternehmerketten, missbräuchliche Konkurse und Temporärarbeit einführen.

Das Leistungsortprinzip schützt Schweizer Arbeitnehmende vor Dumping

Das Parlament hat entschieden, beim bewährten Leistungsortprinzip zu bleiben. Das heisst, dass ein Unternehmen, das sich um einen öffentlichen Auftrag bewirbt, die Lohn- und Arbeitsbedingungen am Ausführungsort einhalten muss. Eine Firma aus dem Tessin beispielsweise, die in Zürich für den Bau einer grossen Halle offeriert, muss Zürcher Löhne zahlen. Wäre das Parlament wie ursprünglich geplant aufs Herkunftsortsprinzip gewechselt, würden die Bedingungen am Firmensitz- oder Niederlassungsort gelten. Das Tessiner Unternehmen könnte mit Tessiner Löhnen offerieren, womit Anbieter aus Kantonen mit guten Arbeitsbedingungen im Vergleich zu Anbietern aus "Niedriglohn-Kantonen" schlechter gestellt wären. Um mithalten zu können, müssten sie eine Verschlechterung der eigenen Arbeitsbedingungen anstreben. Fazit: Das Herkunftsortsprinzip hätte eine Spirale nach unten eröffnet.

Damit ist das Leistungsortsprinzip zentral für alle, welche die orts- und branchenüblichen Löhne und Arbeitsbedingungen schützen wollen. Nach dem Parlamentsentscheid müssen die Kantone ihr interkantonales Konkordat zum öffentlichen Beschaffungswesen anpassen und das Leistungsortprinzip wiedereinführen.

Kantonale Regelungen müssen folgen

Kantone müssen nun Subunternehmerketten beschränken und GAV-Konformität bescheinigen lassen
Auch weitere Punkte zum Schutz der Arbeitnehmenden im Beschaffungswesen betreffen kantonale Kompetenzen. Hier müssen die Kantonsregierungen und -parlamente aktiv werden und ihre kantonalen Gesetze anpassen.

So ist die Subunternehmerkette auf eine Ebene zu beschränken. Heute sind gerade im Bau derart lange Subunternehmerketten gang und gäbe, dass die Bauherren rasch den Überblick verlieren, wer überhaupt zu welchen Bedingungen wann auf der Baustelle welche Arbeit ausführt. Bund, Kantone und Gemeinden wissen oft nicht, wer am Schluss welche Arbeit leistet. Skandale sind damit programmiert, denn die Wahrscheinlichkeit für Lohn- und Sozialdumping bzw. Schwarzarbeit nimmt pro zusätzliche Subunternehmerebene exponentiell zu. Umso wichtiger, dass zumindest im öffentlichen Beschaffungswesen dieser schädlichen Praxis ein Riegel vorgeschoben wird.

GAV-Konformität bescheinigen lassen, Temporärarbeit einschränken

Weiter sollen die kantonalen Beschaffungsrechte endlich aussagekräftige Bescheinigungen zum Nachweis der GAV-Konformität vorschreiben, bevor ein Auftrag an eine Firma aus einer einem Gesamtarbeitsvertrag unterstellten Branche vergeben wird.

Wichtig ist auch, dass die Kantone im Beschaffungswesen die Temporärarbeit einschränken; der Kanton Genf geht hier mit einem guten Beispiel voran. Es wird derzeit diskutiert, die kantonale Regelung, die den Anteil von Temporärangestellten bei öffentlichen Aufträgen ursprünglich auf höchstens 20% begrenzte, nun gesetzlich zu verankern.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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