Bei Nano darf sich Asbesttragödie nicht wiederholen!

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Verfasst durch Luca Cirigliano

Staat muss gesetzlich präventiv wirken

Die immer noch anhaltende Asbest-Tragödie zeigt, dass wir mit neuen Materialstoffen, die grosse wirtschaftliche und technologische Potentiale aufweisen, seriöser umgehen und vor der breiten Anwendung wissenschaftlich seriöse Abklärungen durchführen sollten. Das gilt besonders für Nano-Materialien. Der SGB und seine Verbände führen dazu im Dezember 2013 eine Tagung durch.

Immer noch erkranken Arbeitnehmer an Krebs, weil sie vor Jahrzehnten mit Asbest arbeiten mussten, ohne dass die Firmen damals die nötigen Sicherheitsvorkehrungen ergriffen hatten. Der sorglose Umgang mit Asbest beruhte aber auch häufig auf Unwissenheit. Der gleiche Fehler darf sich nicht wiederholen.

Technologiefolge-Abschätzung erst im Gang

Der Bundesrat will den bereits angelaufenen Aktionsplan „Synthetische Nanomaterialien“ bis Ende 2015 fortführen. Damit will die Regierung den Nano-Standort Schweiz und den sicheren Umgang mit synthetischen Nanomaterialien fördern und weiterentwickeln. Es geht in erster Linie darum, methodische Grundlagen für nanospezifische Vorschriften zu erarbeiten und so die Voraussetzungen für entsprechende Regulierungen zu schaffen sowie den Dialog mit Sozialpartnern, Wissenschaft, Forschung und Konsumentenschutzorganisationen weiterzuführen.

Zur Erinnerung: Bereits heute werden Nanomaterialien so wie herkömmliche Materialien vom Chemikalien-, Lebensmittel- und Arzneimittelrecht erfasst. Die Daten- und Sicherheitsanforderungen bei Anmelde- und Zulassungsverfahren sind identisch. Für den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sind beim Einsatz von synthetischen Nanomaterialien die gleichen Präventionsgrundsätze relevant, wie sie für alle anderen Stoffe mit noch (unbekannten) Gesundheitsgefahren gelten…

Was sofort auffällt: Die heutigen Grundlagen reichen für materielle nanospezifische Regulierungen noch nicht aus. Nano-Materialien sind eben nicht „gewöhnliche“ Chemikalien, sie verhalten sich aufgrund ihrer äussert kleinen Grösse sehr spezifisch und einzigartig. Die Langzeitwirkungen im menschlichen Körper können noch nicht abgeschätzt werden. Mit der neuen Internetplattform www.infonano.ch, einem departementsübergreifenden Projekt verschiedener Bundesstellen, kommt der Bundesrat einem Bedürfnis u.a. der Arbeitnehmerseite zum Teil entgegen. Jedoch reicht dieses Projekt nicht aus. Auch das Nationale Forschungsprogramm 64 http://www.nfp64.ch/D/Seiten/home.aspx kann längst noch nicht alle Informationslücken schliessen und alle Fragen beantworten.

Staat hat Schutzpflichten

Mit Nicht-Wissen kann sich der Staat nicht aus seiner Verantwortung stehlen: Nationale und internationale Rechts-Standards legen fest, dass bei sogenannten „gefährlichen Tätigkeiten“ den Behörden positive Schutzpflichten obliegen. Hier muss der Staat gesetzlich tätig werden, um das noch unbekannte, potentielle Worst-Case-Szenario, so unwahrscheinlich es scheinen mag, zu verhindern. Und zwar, bevor es zu spät ist! Wenn staatliche Stellen dies nicht tun, passieren menschliche Tragödien wie im Fall des Asbest: Auch in der Schweiz glänzten Behörden lange durch Lethargie, bis es für die Gesundheit der Arbeitnehmenden zu spät war. Im Glarner Landrat reichte SGB-Mitarbeiter und SP-Parlamentarier Marco Kistler im Juni 2013 eine Motion ein, um die Rolle des Staates im Zusammenhang mit der jahrzehntelangen tödlichen Asbestproduktion in der Eternit Niederurnen aufzuarbeiten. Das Beispiel Asbest zeigt, wie Staat und Wirtschaft nicht mit potentiellen Gefahren am Arbeitsplatz umgehen dürfen. Im Fall des Asbests wurden die schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit der Arbeiterinnen und Arbeiter nicht von den Unternehmen getragen, sondern von der Gesellschaft: Familien, Krankenkassen, IV, SUVA… Das darf sich nicht wiederholen. Hier müssen arbeits- und haftpflichtrechtliche präventive Massnahmen ergriffen werden.

SGB-Gesundheitskommission führt Nano-Tagung durch

Der SGB und seine Verbände, welche sich in der Gesundheitskommission (Gehuko) um den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und die Prävention von Berufskrankheiten kümmern, werden für den 2. Dezember 2013 in Bern eine Tagung zum Thema „Nano, das neue Asbest?“ durchführen (Anmeldeinformationen folgen). Hochkarätige Gäste aus Wissenschaft, SUVA und Sozialpartnerschaft werden sich mit den Risiken und Chancen der Nanotechnologie für die Arbeitnehmenden und dem Industriestandort Schweiz auseinandersetzen. Dabei wird das Thema Nano sowohl von der technischen, versicherungs- aber auch haftpflichtrechtlichen Perspektive beleuchtet werden.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
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