Nach dem Kanton wird nun auch die Stadt Genf aktiv: Sie verbietet bei öffentlichen Beschaffungen eine kaskadenförmige Weitergabe der Aufträge an Subunternehmer, sie führt Bussen bis zu 10 % des vertraglichen Geldwertes ein - und einen Solidarfonds, mit welchem nicht korrekt entlöhnte Arbeitnehmende entschädigt werden können.
Ein neuer krasser Fall hat das Fass in Genf zum Überlaufen gebracht: 2500 Franken monatlich knöpfte ein Patron seinen polnischen Arbeitnehmenden für Logis ab. Er hatte sie zusammen in einem (1!) Studio untergebracht. Die Stadt reagierte, indem sie eine neue Klausel in ihre Auftragsvergaben einführt. Diese beschränkt eine Weitergabe der Aufträge auf bloss eine Substufe. Dieses wirksame Mittel gegen Lohndumping wurde zuvor zwischen den Genfer Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt.
Keine Subsub-Weitergabe
Diese Genfer Lösung geht damit viel weiter als die Bundeslösung zur Solidarhaftung. Denn letztere sieht nicht vor, dass der Erstunternehmer für nicht bezahlte Löhne seiner Subunternehmer voll zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Die Genfer Lösung führt viel striktere und verbindliche Massnahmen ein: Erstunternehmen öffentlicher Aufträge, die Arbeiten weitergeben, haben die ausgewählten Subunternehmen während der ganzen Dauer der Arbeiten auf Einhaltung der geltenden Gesamtarbeitsverträge sowie korrekte Zahlung der Löhne und Sozialversicherungsbeiträge zu überwachen. Ein Subunternehmer darf seine Arbeit nicht an einen weiteren Subunternehmer auslagern. Das ist neu in der Schweiz. Die Bussen können bis zu 10 % des vertraglichen Geldwertes betragen und wirken damit abschreckend.
Solidar-Entschädigungsfonds
Wenn ein Unternehmen heute wegen Lohndumping erwischt wird, liegt der schwarze Peter bei den betrogenen Arbeitnehmer/innen. Sie, zumeist aus dem Ausland stammend, müssen sich den entgangenen Lohn vor Gericht erstreiten. Die Verfahren dauern Jahre oder verpuffen, wenn sich die betroffenen Unternehmen aufgelöst haben. Der neue Solidar-Entschädigungsfonds, den die Stadt Genf Ende Januar geschaffen und mit 300'000 Franken dotiert hat, wird den betrogenen Arbeitnehmer/innen sehr konkret helfen. Aus diesem Fonds wird ihnen der ausstehende Lohn bezahlt. Anschliessend ist es an der Stadt, und nicht mehr an den Betrogenen, die Lohnrückstände bei den Verantwortlichen einzutreiben.
Effiziente Massnahmen
"Mit diesem Fonds, den verstärkten Kontrollen und den härteren Sanktionen gibt sich ein öffentlicher Haushalt zum ersten Mal in der Schweiz wirksame Mittel, um Dumping auf öffentlichen Baustellen zu bekämpfen", kommentiert Alessandro Pelizzari von der Unia Genf. Die Stadtregierung hat zudem zwei Kontrollstellen beschlossen. Damit werden die Vorbeugemassnahmen gegen Lohndumping nach dem kürzlichen Beschluss des Kantons, mehr Kontrolleure walten zu lassen, noch einmal gestärkt.
Fazit: Genf zeigt, dass es möglich ist, effiziente Massnahmen gegen Lohndumping zu entwickeln. So gräbt man auch der permanenten SVP-Agitation das Wasser ab. Es braucht nur eines dazu: Willen!