In der laufenden Frühjahrssession hat der Ständerat das Weiterbildungsgesetz angepackt. Im Gegensatz zum Nationalrat zuvor beharrt er darauf, dass die Arbeitgeber in diesem Bereich Verantwortung tragen sollen. Wird der Nationalrat jetzt einlenken und den Arbeitgebern hinsichtlich Weiterbildung ihrer Angestellten eine Verantwortung auferlegen?
Es ist sattsam bekannt: Die Arbeitgeber erteilen lieber Lektionen als selbst welche zu erhalten. Dasselbe gilt für ihre Vertretung auf nationaler Ebene. Wenn es um Bildung geht, dann lieben die Patrons der Patrons die Predigt der guten Vorsätze: Es sei die Lehre aufzuwerten, der Zugang zu den Gymnasien einzuschränken, es seien die Kosten des Erziehungswesens zu senken, die Lasten der ausbildenden Unternehmen zu erleichtern, das Schulwesen den Unternehmensbedürfnissen anzupassen, es sei mehr Ausbildung im technischen Bereich nötig, und ausländisches Fachpersonal sollte frei angeworben werden können usw. Die so dem Volk und dem Staat vorgetragene Liste ist lang – wie ein Rosenkranzgebet. Aber wenn die Patrons der Patrons dann ihre Verantwortung wahrzunehmen hätten, flüchten sie aus der Kirche: Die Pflichten sind für andere. Heilig bleibt da die „Freiheit“ – und die opfert man nicht auf dem Altar des Fortschritts und des sozialen Zusammenhalts.
Betrübliche erste Debatte
Aktuellster Beleg für dieses Verhalten? Die Debatte über das neue Weiterbildungsgesetz. Als erste Kammer beriet der Nationalrat die Vorlage in der Wintersession. Die Arbeitgeberlobby rackerte sich ab, damit das bescheidene Sätzchen, wonach die Arbeitgeber, staatlich wie privat, die Weiterbildung ihrer Angestellten zu fördern hätten, wieder aus dem Gesetzestext verschwände. Bürgerliche Räte, die diese Bestimmung eliminieren wollten, schreckten vor keinem taktischen Ränkespiel zurück und unterstützten auch schon mal Minderheitsanträge von links, um dann die Eliminierung durchzubringen. Was denn auch gelang. Aber keineswegs zielführend ist.
Ständerat korrigiert
Zum Glück hat der Ständerat in dieser Session mit klarer Mehrheit an der Bestimmung festgehalten. Gewiss könnte die von der kleinen Kammer vorgeschlagene Formulierung kühner sein. Die Gewerkschaften etwa verlangten ein individuelles Recht auf einen Bildungsurlaub. Wenn der ständerätliche Vorschlag auch mager ist, so hat er doch das Verdienst, den Arbeitgebern zu signalisieren, dass sie die Weiterbildung ihrer Angestellten nicht behindern sollten…
Jetzt ist wieder der Nationalrat dran. Am 18. März wird er die Differenzen zu bereinigen haben. Bleibt zu hoffen, dass die grosse Kammer diesmal taktischen Spielchen und dem herben Gejammer der vom Establishment verhätschelten Arbeitgeber trotzt. Und damit wirklich gesellschaftliche Verantwortung wahrnimmt.