Arbeitgeber ohne Vertrauen in Sozialpartnerschaft

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Verfasst durch Jean Christophe Schwaab, SGB-Zentralsekretär

Die Vernehmlassungsfrist zur OR-Revision mit dem Ziel eines besseren Schutzes gegen missbräuchliche Kündigung für Gewerkschaftsvertreter/innen und für Personen, die Missstände anzeigen, ist soeben zu Ende gegangen. Die Arbeitgeber und die bürgerlichen Parteien blockieren auf der ganzen Linie.

Die linken Parteien unterstützen in der Frage eines besseren Schutzes gegen missbräuchliche Kündigung die Haltung des SGB, die bürgerlichen den Arbeitgeberverband, der jegliche Verbesserung ablehnt. Dessen Haltung schockiert. Der Verband will neuerdings in dieser Frage nicht mal mehr die sozialpartnerschaftliche Karte spielen. Das widerspricht der bisher vertretenen Linie geradezu diametral. Denn bisher sprachen sich die Arbeitgeber immer dafür aus, den Kündigungsschutz von Gewerkschaftsvertreter/innen in Gesamtarbeitsvertragsverhandlungen (GAV) zu regeln. Das kürzliche Urteil eines Genfer Gerichtes in der Affäre Manor/Marisa Pralong hat indessen klar ergeben, dass die Sozialpartner nicht einfach antigewerkschaftliche Kündigungen in den GAV verbieten können. Grund: Die entsprechenden OR-Artikel sind „absolut zwingend“ und können deshalb nicht abgeändert werden, nicht einmal zu Gunsten der Arbeitnehmer/innen. In seiner Vernehmlassung weigert sich jedoch der Arbeitgeberverband, dass die Bestimmungen über antigewerkschaftliche Kündigungen „relativ zwingend“, d.h. zugunsten der Arbeitnehmenden abänderbar, werden. Und entzieht so diese Frage dem sozialpartnerschaftlichen Bereich, dem er sie zuvor immer hatte zuweisen wollen.

Simple Schlussfolgerung: die Arbeitgeber wollen Null-Fortschritt beim Schutz gegen missbräuchliche Kündigung. Die schockierende Praxis, sich seiner Verhandlungspartner zu entledigen – wie etwa die Entlassung des Personalkommissions-Präsidenten beim „Tages-Anzeiger“ zeigte – soll unverändert weiter gehen. Und nicht mal die Sozialpartner sollen einen entsprechenden Schutz vereinbaren können. Dabei ist ein korrekter Schutz der Gewerkschafter/innen und der Personalvertreter/innen nicht nur eine Frage der Grundrechte. Es ist auch ein Instrument, das eine sachgerechte Anwendung der GAV erst ermöglicht.

Mit seinen Vorschlägen hat der Bundesrat zumindest gezeigt, dass in der Frage des Kündigungsschutzes dringender Handlungsbedarf besteht. Wenn die Vorschläge zur Zeit auch nicht zu befriedigen vermögen, so stellen sie doch bereits einen bedeutenden Erfolg für den SGB dar. Der SGB wird sich weiterhin dafür mobilisieren, dass alle, die sich für den Schutz der Arbeitskolleg/innen einsetzen, nicht einfach willkürlicher Rache der Arbeitgeber ausgeliefert sind.

Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

031 377 01 17

luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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