Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat heute klargestellt, dass er im Rahmen der künftigen Weiterentwicklung der bilateralen Abkommen eine Schwächung der Flankierenden Massnahmen unter keinen Umständen hinnehmen wird. Er fordert vielmehr deren konsequente Anwendung.
SGB-Präsident Paul Rechsteiner stellte fest, dass die EU die Flankierenden Massnahmen kritisiert, obwohl in Verhandlungen eine Einigung gefunden worden sei (Beispiele: Kautionen, Voranmeldefristen, Verbot von Temporärarbeit aus dem Ausland). Die nunmehr neu von der EU verlangte Uebernahme von deren Rechtsentwicklung sei wegen „der katastrophal arbeitnehmerfeindlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den letzten drei Jahren (…) für das Schweizer System zum Schutz der Löhne besonders gefährlich. Wenn (…) die kommerziellen Binnenmarktfreiheiten den national verankerten Arbeitsrechten plötzlich vorangestellt werden und für die Arbeitsbedingungen neu nicht mehr wie heute in der Schweiz das sogenannte Leistungsorts-, sondern das Herkunftsortsprinzip gelten soll, würde das Fundament der flankierenden Massnahmen ausgehöhlt.“ Der Bundesrat darf deshalb in dieser Frage keine Konzessionen machen, die Gewerkschaften würden ein künftiges Verhandlungspaket mit aufgeweichtem Lohnschutz resolut bekämpfen.
Auf die mangelhafte Anwendung der Flankierenden Massnahmen verwies SGB-Chefökonom Daniel Lampart: „Bis jetzt sind trotz festgestellter Lohnverstösse zu wenig Mindestlöhne eingeführt, insbesondere in der Deutschschweiz, wo die flankierenden Massnahmen nur ungenügend angewendet werden.“ Lampart forderte u.a. Mindestlöhne auch für kleine Firmen der Reinigung und der Sicherheit, für Journalisten sowie eine rasche Allgemeinverbindlicherklärung des Temporär-GAV durch den Bundesrat.
Zudem wies Lampart auf Lücken im Instrumentarium der Flankierenden Massnahmen. Die Durchsetzung der Bussen für Entsendebetriebe aus dem Ausland kann nur in der Hälfte aller Fälle durchgesetzt werden. „Darum müssen in den GAV Kautionen eingeführt werden.“
Auf zwei weitere Lücken verwies Unia-Co-Präsident Renzo Ambrosetti: Um die „organisierte Verantwortungslosigkeit der Subunternehmenketten zu beseitigen, muss neu die Solidarhaftung eingeführt werden.“ Damit wären auch die Generalunternehmen für die Einhaltung der korrekten Löhne verantwortlich. Zudem brauche es zusätzliche gesetzliche Mittel, um die massive Zunahme der Scheinselbständigkeit zu korrigieren. Ambrosetti: „Die Ausdehnung des GAV auf alle Firmen des Reinigungsgewerbes bzw. die Durchsetzung der GAV-Bestimmungen bei allen Anbietern der betroffenen Branchen ist dringend nötig.“
Angehängt finden Sie Referate von:
- Paul Rechsteiner, Präsident SGB
- Daniel Lampart, Chefökonom SGB
- Renzo Ambrosetti, Co-Präsident Unia
sowie eine Dokumentation über den Schutz von Löhnen durch flankierende Massnahmen.