6 Wochen Ferien: Verdient und notwendig

  • Löhne und Vertragspolitik
Artikel
Verfasst durch Jean Christophe Schwaab

Mehr Ferien haben die Arbeitnehmer/innen in der Schweiz längstens verdient. Denn sie haben in der Vergangenheit die Produktivität stark gesteigert, ihren gerechten Anteil daran aber nicht erhalten. Jetzt mehr Ferien bedeutet somit auch nachträglich eingelöste Gerechtigkeit.

Ferien sind eine der bedeutendsten sozialen Errungenschaften der Gewerkschaften. Sie sind unerlässlich für Gesundheit, Sozial- und Familienleben. Ferien bedeuten Selbstbestimmung: zu tun, was man tun will, wann man will. Ob mehr Zeit für die Familie, für die Freunde, für soziale Aktivitäten, für Hobbies, Sport oder einfach dolce far niente: Ferien tun gut.

Mehr Ferien – mehr Vereinbarkeit

Medizinische Studien haben gezeigt: die Erhol- und Aufbaufunktion erfüllen Ferien dann am optimalsten, wenn sie in mindestens 2 Wochen langen Portionen bezogen werden. Mit einem Recht auf 6 Wochen wären neu drei solche Erholphasen im Jahr möglich.

Mehr Ferien begünstigen aber auch die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienpflichten. Sie ermöglichen, mehr mit den Kindern zusammen zu sein, und jene Zeit, in der die Schulen, Kitas und andere Betreuungsdienste geschlossen sind, besser zu „managen“.

Natürlich sehen mehrere GAV bereits 5 Wochen Ferien vor, einige sogar mehr für bestimmte Gruppen von Erwerbstätigen (etwa Lehrlinge oder ältere ab 55). Nur: Die GAV erfassen in der Schweiz nur rund jedes zweite Arbeitsverhältnis. Und: es gibt auch viele GAV, die bloss das gesetzliche Minimum an Ferien oder nur zwei bis drei Tage mehr gewähren. Und auch im öffentlichen Sektor sind 5 Wochen Ferien noch lange nicht Allgemeingut.

Trend umkehren

Seit 1984, als auf Druck einer SGB-Volksinitiative das Minimum von 4 Ferienwochen ins Gesetz geschrieben wurde, hat sich gesetzlich nichts mehr bewegt. Die Arbeitszeit stagnierte seither (minus 18 Minuten pro Woche). In den letzten vier Jahren ist sogar wieder leicht angestiegen. Die Produktivität jedoch ist in den letzten 25 Jahren um
21,5 % gestiegen, die Löhne hingegen nur um 4,3 %. Es gibt also klar ausgewiesenen Nachholbedarf. Zudem werden in der Schweiz im Umfang von umgerechnet gut 100 000 Vollzeitstellen Überstunden geleistet. Man kann also sehr wohl die Arbeitszeit kürzen, ohne Stellen zu gefährden.

Fazit

 

Ja zur Volksinitiative für 6 Wochen Ferien bedeutet nicht nur mehr Gesundheitsprävention und mehr soziale Nachhaltigkeit, mehr Ferien sind auch ein verteilungspolitischer Schritt zur Anerkennung der hohen Leistungen der Arbeitnehmenden – und deshalb doppelt verdient.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
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