24 Stunden konsumieren bedeutet früher oder später 24 Stunden arbeiten – für alle!

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Artikel
Verfasst durch Luca Cirigliano

Referendum gegen den Dammbruch

Das Referendum gegen die Deregulierung der Tankstellenshop-Öffnungszeiten ist zwingend. Nicht nur wegen den katastrophalen Arbeitsbedingungen des betroffenen Verkaufspersonals und den Auswirkungen des uneingeschränkten Verkaufs von Alkohol an Nachtschwärmer. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Kleine Schritte bei den Laden-Öffnungszeiten bereiten Nacht- und Sonntagsarbeit in allen Branchen vor!

Man muss nicht in die USA gehen, um auf eine rastlose, bis aufs Mark deregulierte Gesellschaft zu treffen, wo Menschen Tag und Nacht zu meist sehr schlechten Arbeits- und Lohnbedingungen in Läden, Büros und Werkstätten arbeiten. Auch in gewissen unserer Nachbarländer sieht man, wohin die Deregulierung der Ladenöffnungszeiten schliesslich führt.

Zuerst die Shops, dann die Büros

z.B. Italien: Angefangen hat es damit, dass in den 90-er Jahren den Badeorten im Sommer ermöglicht wurde, am Sonntag ein paar Stunden die Läden zu öffnen. Bald wurde diese „Tourismus“-Regelung auf das Inland ausgeweitet. Und prompt entschieden die Bürgermeister auf Druck der Arbeitgeber, im Umkreis von jeder Kirche, die älter als 20 Jahre ist, ein „historisch wertvolles Dorfzentrum“ zu deklarieren, um so am Sonntag offen zu bleiben. Natürlich auch im Winter: Man weiss ja nie, wann und wohin ein „Tourist“ sich verirrt…

Seit 2012 dürfen in Italien alle (!) Läden, Restaurants, Pubs, Bars, Imbissbuden 24 Stunden offen halten, inkl. an Sonntagen, Weihnachten, Nationalfeiertag, etc.! Das Feigenblatt der „Tourismusförderung“ ist gefallen. Den Konsum hat das in Italien nicht gefördert, im Gegenteil. Das „Lädeli-Sterben“ ist gerade in den italienischen Altstädten häufig. Von den Wild-West-Regeln bei den Öffnungszeiten profitieren nämlich, wenn überhaupt, nur die „Megastores“ in den Agglomerationen.

In Ländern wie Italien haben sich die längeren Ladenöffnungszeiten als eigentliche „Einfallstore“ zur Deregulierung der Arbeitszeit entpuppt: In vor- und nachgelagerten Branchen wie Sicherheit, Transport, Reinigung, aber auch allgemein im Logistikbereich etc. sind die Arbeitszeiten parallel ausgedehnt worden, und das zu einem häufig geringeren Lohn wie vor der allgemeinen Deregulierung. Nun arbeiten in Italien auch immer mehr Banken, Versicherungen, Informatik-, Anwalts- und Notariats-Büros an Samstagen und spät in der Nacht, wenn nicht sogar an Sonntagen.

Deregulierung verlangt weitere Deregulierung

Die Deregulierung der Arbeitszeit, einmal in einer Branche eingeführt, verlangt weitere Deregulierung und rechtfertigt sie auch, zuerst in vor- und nachgelagerten Branchen – und früher oder später überall! Dieses Vorgehen entspricht einer wohl überlegten Technik, die Nacht- und Sonntagsarbeit banalisiert und damit alltäglich macht. Diese Technik wird auch in der Schweiz angewandt.

So hat etwa der Sonntagsverkauf, der Läden in grossen Bahnhöfen und Flughäfen bewilligt wurde, zu Druck von den benachbarten Geschäften geführt. Deren Inhaber beklagen einen „unlauteren Wettbewerb“ und verlangen punkto Öffnungszeiten „gleich lange Spiesse“. Augenblicklich sind die Tankstellenshops an der Reihe. Mit dem Vorstoss von Ständerat Abate sollen Sonntagsverkäufe mit einem Gummiparagraphen (der italienischen Tourismus-Artikel lässt grüssen…) beliebig stattfinden dürfen. Und Ständerat Lombardi will alle Ladenöffnungszeiten in der Schweiz „harmonisieren“, und zwar durch Verlängerung bis 20 Uhr!

Die Deregulierer der Arbeitszeit wissen: Wenn sie den Arbeitnehmerschutz frontal angreifen wollen, haben sie keine Chance. Deshalb wenden sie eine Taktik der kleinen Schritte an. Das Ziel aber bleiben längere Öffnungszeiten in allen Geschäften und langfristig die Beseitigung des Nacht- und Sonntagarbeitsverbots. Italien macht Hoffnung…

Referendum gestartet

Deshalb geht die Deregulierung der Tankstellenshop-Öffnungszeiten uns alle etwas an! Mit dem Referendum gegen den 24-Stunden-Arbeitstag können wir der Salamitaktik der Deregulierungs-Turbos Einhalt gebieten, bevor wir auch in Büros, Werkstätten und sonstigen Betrieben plötzlich länger und dazu ohne zusätzliche Entschädigung arbeiten müssen!

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Zuständig beim SGB

Luca Cirigliano

Zentralsekretär

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luca.cirigliano(at)sgb.ch
Luca Cirigliano
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