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Aufschwung nur mit Stärkung des Service public

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Medienmitteilung

Der Weg aus der Krise

Der Service public spielt in dieser ausserordentlichen Zeit eine zentrale Rolle. Ohne Service public wäre die Lage in den letzten Monaten viel schlimmer gewesen und hätte die Schweiz der Pandemie nicht auf diese Weise entgegentreten können. Doch viele Bereiche des Service public wurden durch die Krise geschwächt, sei es finanziell oder organisatorisch aber auch mit Blick auf die Lage von deren Arbeitnehmenden. Der Service public muss in dieser Situation gestärkt werden. Das ist nicht einfach eine Option, sondern eine grundlegende Voraussetzung für den Aufschwung – und auch für die Bewältigung einer nächsten Krise.

Konfrontiert mit einer Pandemie, wie sie die Schweiz in der Neuzeit noch nie erlebt hat und die Massnahmen von unerwarteten Dimensionen nötig machte, hat sich der Service public gut gehalten. Das Funktionieren der öffentlichen Dienstleistungen war sogar einer der Hauptgründe für das anhaltende Vertrauen der Bevölkerung in die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus. Der Service public spielt eine stabilisierende Rolle, die bislang zu wenig anerkannt war. In einer heute veröffentlichen Analyse zieht der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) eine erste Bilanz und Lehren für die Zukunft.

Der Service public zeigte seine Stärken da, wo dessen Gegner glaubten Schwächen zu erkennen. In ausserordentlichen und äusserst dringlichen Situationen, sind Institutionen, bei denen die Koordination im Vordergrund steht und nicht der Wettbewerb, fähig, im Sinne des öffentlichen Interesses zu agieren. Sie stellen nicht plötzlich und unkoordiniert ihre Dienste ein, um sich kurzfristig der veränderten Nachfrage anzupassen. Letzteres hätte in den letzten Monaten eine Negativ-Spirale in Gang gesetzt. In Krisenzeiten ist es deshalb besonders wichtig, das Angebot an den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten und dafür über stabile Ressourcen zu verfügen.

Ob im öffentlichen Verkehr oder in der Logistik war es die Kombination zwischen guter Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure einerseits und klaren Vorgaben für die Grundversorgung andererseits, die die Aufrechterhaltung der Dienstleistungen während des Lockdowns und die rasche Wiederherstellung des Normalangebot nach der Lockerung der Massnahmen ermöglichten. In der ausserfamiliären Kinderbetreuung oder im Gesundheitswesen garantierten die Service-public-Akteure ein Angebot, das alle als essenziell bezeichneten. Glücklicherweise konnten sie dies tun, ohne sich sofort die Frage der Wirtschaftlichkeit stellen zu müssen. Es brauchte hohe Ausgaben und den vollen Einsatz des Personals, dem man bislang vor allem Kostenoptimierung predigte.

Andere Branchen – etwa die Medien -  sahen sich in der unangenehmen Situation, dass ihre Aufgabe an Bedeutung zulegte und von breiten Kreisen als systemrelevant anerkannt wurde aber gleichzeitig ihre Einnahmen – nach Jahren des kontinuierlichen Rückgangs – noch einmal deutlich einbrachen. Im Kultursektor wiederum steht in den Sternen, wie rasch die Erholung vonstattengehen wird. Es ist nicht mehr zu ignorieren, dass die mageren Einkommen der grossen Mehrheit der Kulturschaffenden nicht nur ein persönliches soziales Problem für die Betroffenen sind, sondern den gesamten Bereich in einer solch ausserordentlichen Lage schwächen.

Der Service public zeigte in der Krise, dass er systemrelevant, robust und agil ist. Er at einen Wert und nicht bloss einen Preis. Es ist deshalb dringlich, die finanzielle Basis zu stärken, den Anbietern und den Angestellten den raschen Ausstieg aus dem Krisenmodus zu ermöglichen und die Stellung der Angestellten, die sich seit Jahren an vorderster Front bewähren, zu verbessern.

Der SGB stellt deshalb folgende Forderungen:

  • Der Service public muss ausgebaut und auf jegliche Form von Sparprogrammen verzichtet werden. Die Krise zeigte, wie wichtig Kapazitätsreserven sind. Die Grundversorgung der Bevölkerung könnte sonst in Frage stehen, sollte es erneut zu einer ähnlichen Krise kommen. Es braucht deshalb mehr Service public und weniger Liberalisierung. Die krisenbedingten Zusatzausgaben oder Einnahmeausfälle dürfen weder zu Leistungs- noch zu Lohnkürzungen führen.
  • Ein rascher und vollständiger Ausgleich der Verluste stärkt den wirtschaftlichen Wiederauschwung. Öffentlicher Verkehr, Pflege, ausserfamiliäre Kinderbetreuung und Kultur: Es ist weder akzeptabel noch förderlich für den Aufschwaung, wenn die Service-public-Akteure in den nächsten Monaten und Jahren durch Finanzierungsschwierigkeiten behindert werden. In den subventionierten oder andersweitig durch die öffentliche Hand unterstützten Betrieben muss jede Entlassung verhindert werden.
  • Angestellte müssen besser gestellt werden. Die Kompetenz der Lohnempfängerinnen im Gesundheitswesen oder in der Kinderbetreuung muss anerkannt werden. Der Applaus reicht nicht. Die soziale Sicherheit der selbständig Erwerbenden in vielen Bereichen des Service publics muss verbessert werden.
  • Kooperation statt Wettbewerb und stabile Finanzierungsmodelle: Die Bereitstellung von Intensivpflege-Betten ist weniger lukrativ als manch andere medizinische Dienstleistung. Die Produktion von guten und verlässlichen Medieninhalten ist in Krisenzeiten unabdingbar aber schwierig, wenn gleichzeitig die Einnahmen wegbrechen. Die Schweiz muss künftig bessere Anreize schaffen und die Finanzierung von systemrelevanten Aufgaben garantieren um den Service public noch widerstandsfähiger zu machen – zum Beispiel mit Blick auf eine nächste Krise.
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