Zinsen sinken, weil die Pensionkassen und Unfallversicherungen immer mehr Kapital brauchen und der Staat spart. Es bräuchte mehr Umlage statt Kapitaldeckung z.B. mit der 13. AHV-Rente

Blog Daniel Lampart

Die «Zinswende» macht mindestens Pause. Der Zins auf eine 10-jährige Bundesobligation ist wieder auf unter 0.7 Prozent gefallen. Das war letztmals im Sommer 2022 der Fall. Vor allem für die 2. Säule, aber auch für die Unfallversicherung sind das unerfreuliche Nachrichten. Die Renditeperspektiven haben sich wieder verschlechtert. 

Damit sich die 2. Säule lohnt, sollte die Anlagerendite mindestens so hoch sein, wie das Wachstum des Bruttoinlandproduktes. Dieses liegt nominal ungefähr bei 2.5 bis 3 Prozent. Bei einem Zins von 0.7 Prozent ist es nur bei grösseren Anlagerisiken möglich, entsprechende Renditen zu erzielen. 

Dass die Zinsen so tief sind, hängt auch damit zusammen, dass immer mehr Kapital angelegt werden muss, während der Staat, aber auch die Firmen weniger Kapital aufnehmen müssen. 

Die Pensionskassen alleine haben Anlagen von über einer Billion Franken. Dazu kommen die Unfallversicherungen mit mehr als 70 Milliarden. Dann die AHV mit knapp 50 und die Krankenkassen mit mehr als 15 Milliarden. Gemessen am Schweizer BIP sind das gegen 180 Prozent. Das Schweizer System der Sozialversicherungen braucht besonders viel Kapital. Es basiert stark auf privaten Einrichtungen (Pensionskassen, Unfall- und Krankenversicherungen), die Reserven halten müssen, um eine Insolvenz zu verhindern. Ein zentrales staatliches System braucht viel weniger Reservekapital. Weil es eine Staatsgarantie hat und weil die Solvenzvorgaben weniger streng sein müssen, weil das System alle versichert und beispielsweise nicht nur die Angestellten einer Firma. 

Kapitalbestand der Sozialversicherungen: Anteil am Bruttoinlandprodukt

Auf der anderen Seite wird weniger Kapital aufgenommen. Allen voran spart die öffentliche Hand. Die Einnahmen sind seit einigen Jahren höher als die Ausgaben. Bund, Kantone und Gemeinden bauen immer mehr Eigenkapital auf. Je nach Definition haben sie ein Eigenkapital von 15 bis 30 Prozent des BIP. Die Schuldenbremse ist so konzipiert, dass der Bund Jahr für Jahr ungefähr 1 bis 2 Mrd. Fr. weniger ausgibt als er einnimmt und so ein Vermögen aufbaut (bzw. die Schweiz tendenziell verstaatlicht …). 

Reinvermögen/Eigenkapital von Bund, Kantonen und Gemeinden in Prozent des BIP

Dieses Missverhältnis führt dazu, dass die Zinsen sinken. Es wirkt auch selbstverstärkend. Denn je tiefer die Zinsen sind, desto mehr Kapital braucht es, um die Leistungen zu finanzieren – was wiederum die Zinsen drückt. 

Theoretisch könnte die Schweiz das viele Kapital auch im Ausland anlegen. Doch die Pensionskassen, Unfall- und Krankenversicherungen müssen ihre Leistungen in Franken bezahlen. Also sichern sie sich zu einem grossen Teil gegen die Fremdwährungsrisiken ab, was die Frankenzinsen drückt. 

In Zukunft wird sich die Schweiz überlegen müssen, wie sie diese Situation wieder ins Gleichgewicht bringt. Eine Lösung wäre, dass die Sozialversicherungen stärker über die Umlage finanziert werden. Die 13. AHV-Rente wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. 

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