Wohnungsnot, weil sich die Politik aus dem sozialen Wohnbau zurückzog

Blog Daniel Lampart

Vor allem in den Agglomerationen ist es mittlerweile sehr schwierig bis unmöglich, auf dem Wohnungsmarkt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Es gibt kaum mehr leere Wohnungen. Die Wohnungsnot ist zusammen mit den hohen Krankenkassenprämien das sozialpolitische Problem Nummer 1. 

Die nationalkonservative Rechte gibt der Migration die Schuld. Doch das ist ein Ablenkungsmanöver. Ein grosser Teil der Wohnungsnot ist selbstverschuldet und hat politische Ursachen. Der gemeinnützige Wohnungsbau der Genossenschaften und Gemeinden hat auch in der Schweiz eine lange Tradition und eine entsprechend hohe Bedeutung. Bis in die 1990er-Jahre war fast jede zehnte neugebaute Wohnung gemeinnützig. Danach wurden weniger soziale Wohnungen gebaut. Der Anteil an den Neubauten halbierte sich. Wäre mit gleicher Intensität weitergebaut worden, hätten wir heute rund 30'000 günstige Wohnungen mehr auf dem Markt. 

Ende der 1990er-Jahre wurden in den Städten zahlreiche Industriezonen umgenutzt, weil die Industrie wegzog. Die Politik hat damals mancherorts zu wenig klare und strenge Vorgaben gemacht, dass ein nennenswerter der Teil der Wohnungen sozial und günstig sein müssen. Gleichzeitig haben sie die Gelder für den gemeinnützigen Wohnungsbau ab der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre stark gekürzt. Der Bund hat sich mit dem Entlastungsprogramm 2003 nahezu daraus zurückgezogen, was eine negative Kettenreaktion ausgelöst hat. Die Zinsvergünstigungen des Bundes für den sozialen Wohnbau sind heute – im Tiefzinsumfeld – zu wenig attraktiv. 

Die Städte verfolgen heute eine bessere Wohnpolitik. Es gibt bessere Vorgaben für die Anteile günstiger Wohnungen. Gleichzeitig investieren sie auch wieder mehr Geld. Doch diese Anstrengungen reichen noch nicht. Auch der Bund muss wieder mehr in den sozialen Wohnbau investieren. Er gibt heute noch knapp 40 Mio. Fr. pro Jahr aus. Würde er wieder gleich viel tun wie früher, stünden gegen 400 Mio. Fr. - also rund zehn Mal mehr - zur Verfügung. Zudem braucht die Schweiz Vorgaben für den gemeinnützigen Wohnungsbau, indem beispieslweise Anteile für günstige Wohnungen festgelegt werden. Damit nicht dieselben Fehler gemacht werden wie früher, z.B. wenn Industrie- oder Büroflächen frei werden. 

Genossenschaften und Staat: Anteil an den neuerstellten Wohnungen

Ausgaben des Bundes für sozialen Wohnbau (Anteil an den Gesamtausgaben)

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