Teil-Abschaffung der Verrechnungssteuer: Völlig unplausible Szenarien zu den Auswirkungen von Bundesrat Maurer, Economiesuisse und Bankiervereinigung

Blog Daniel Lampart

Economiesuisse und BR Maurer behaupten, dass die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer bereits nach sehr kurzer Zeit so positive Wirkungen hat, dass sie selbst beim Bund zu Überschüssen führt. Diese Behauptung stützt sich auf eine sehr intransparente Publikation von BAK Basel. Nun hat die Bankiervereinigung auf politischen Druck die Annahmen dahinter aufgedeckt. Die Teilabschaffung soll ein Obligationen-Volumen von 900 Mrd. Fr. in die Schweiz bringen. Alleine die Hälfte dieses enormen Zustroms soll von einer Verlagerung von Luxemburg in die Schweiz führen – nämlich 475 Mrd. Fr., was die Hälfte des heutigen Marktanteils von Luxemburg ausmacht. Solche Obligationen von ausländischen Firmen ("Eurobonds") sind bereits heute verrechnungssteuerfrei. Warum die nach der Reform plötzlich in die Schweiz kommen sollen, erklärt die Bankiervereinigung nicht.

Aber auch die übrigen Behauptungen sind wenig plausibel. Selbst der «Beirat Zukunft Finanzplatz» des Bundes, der immer wieder als Kronzeuge für eine extrem positive Wirkung einer VSTR-Abschaffung zitiert wird, relativiert die Bedeutung der VSTR stark. In einer Analyse aus dem Jahr 2018 schreibt er: «Auch Länder, die bezüglich Anleihenemissionen besser positioniert sind als die Schweiz (USA, UK, Korea) [erheben] eine entsprechende Quellensteuer.» Innerhalb der EU sehr bedeutend sind die Regulierungen («EU-Pass») sowie die Tatsache, dass EU-Firmen ihr Kapital in der Regel in Euro aufnehmen und das in einem EU-Standort tun. Der Bericht schreibt deshalb weiter: «Wie bereits erwähnt, ist die Problematik, dass Schweizer Prospekte im europäischen Kapitalmarkt nicht zugelassen sind und für Schweizer Wertpapiere der europäische Kapitalmarkt daher nicht automatisch erschlossen ist, primär für den Bondmarkt relevant. So können auch öffentlich-rechtliche Institutionen und Unternehmen, die ihre Anleihen hauptsächlich in der Schweiz emittieren, diese nicht ohne Weiteres auf dem europäischen Bondmarkt anbieten, was die Attraktivität des Schweizer Kapitalmarkts für entsprechende Zielgruppen mindert. Davon sind insbesondere sogenannte „Frequent Borrower“, die eine wiederkehrende Benützung des Kapitalmarkts beabsichtigen, betroffen. In diesem Bereich hat Luxemburg als Teil der EU einen entscheidenden Vorteil. Aufgrund des Europäischen Passes für Wertpapiere können dort kotierte Unternehmen ihre Wertpapiere jederzeit EWR-weit anbieten.»

Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt der Brexit. Nach dem Ausscheiden des vereinigten Königreichs aus der EU wurde ein Teil des Investment Bankings in EU-Standorte verlagert – insbesondere nach Frankfurt. Verlagerungen gab es auch nach Luxemburg, in die Niederlande, nach Italien usw. Ein zentraler Grund war die Nicht-Konformität mit dem EU-Markt nach dem Brexit.

Das alles zeigt, dass die Annahme der Bankiervereinigung völlig unplausibel ist. Die Bedeutung der Verrechnungssteuer für das Obligationengeschäft wird stark überschätzt. Das bestätigt, dass die Teil-Abschaffung der Verrechnungssteuer für den Bund zum Verlustgeschäft wird. Sie wird zu Einnahmenverlusten führen.

 

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