Materialengpässe: Die Schönwetterkonzepte des „Just-in-time“ und des „Outsourcings“ verstärken mittlerweile die Krise

Blog Daniel Lampart

Dass Versorgungsengpässe und Lieferschwierigkeiten plötzlich zum Alltag des modernen Kapitalismus gehören, ist ziemlich überraschend. Bisher waren diese Phänomene vor allem aus der Planwirtschaft bekannt. Bereits im ersten Quartal 2022 litt die Mehrheit der EU-Industriefirmen unter Materialmangel und Kapazitätsengpässen. Mittlerweile sind es wohl noch mehr.

Anteil Industriebetriebe mit Kapazitäts-/Materialengpässen in der EU

Natürlich wurden diese Probleme durch die Corona-Krise und die Ukraine-Invasion ausgelöst. Doch dahinter steckt mehr. Seit den 1990er-Jahren haben die Firmen in den Industrieländern ihre Produktions- und Lieferketten stark optimiert. Um Lagerkosten zu minimieren, haben sie die Just-in-Time-Produktion eingeführt. Und sie haben Teile der Produktion an günstigere Subunternehmen ausgelagert. Die Daten für die USA zeigen, dass die Industrie seit Mitte der 1990er-Jahre im Verhältnis zu den Verkäufen deutlich geringere Lagerbestände hat. Solange die Lieferketten ungestört waren, hat diese kostensenkende Feinsteuerung der Produktion funktioniert. Weil das System aber kaum mehr Puffer und Reserven hat, führen Störungen bei den Vorproduktelieferungen rasch zu grösseren Schwierigkeiten, welche sich über verschiedene Stufen der Lieferketten übertragen und im schlimmeren Fall sogar verstärken.

Viele Firmen beginnen nun, ihre Produktionsweise neu zu organisieren. Indem sie gewisse Teile wieder selber produzieren wollen oder über mehr Reserven nachdenken. Doch diese Anpassung braucht etwas Zeit.

Und sie braucht zusätzliche Investitionen. Im gegenwärtigen unsicheren Umfeld kann das zur Stabilisierung der Konjunktur beitragen. Nicht nur dadurch, dass die Erweiterungsinvestitionen der Firmen die Kapazitäten vergrössern. Sondern die zusätzlichen Investitionen werden auch eine Zusatznachfrage auslösen.

Noch gibt es dafür noch wenig Statistiken. Interessant ist aber beispielsweise die Investitionsumfrage der KOF ETH vom Herbst 2021. Diese zeigt, dass mehr Industriefirmen Erweiterungsinvestitionen planen als früher.  

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