"Digitalisierung": Gross angekündigt - aber bisher nur wenig gesehen

Blog Daniel Lampart
Verfasst durch Daniel Lampart

Noch vor kurzem verkündigten Berater, Bundesräte, Bahnmanager usw., dass die „Digitalisierung“ die Wirtschaft rasch und grundsätzlich umwälzen würde. Der Chef von PWC-Deutschland behauptete 2010 PWC Deutschland aus dem Jahr 2010 damals: „Assistenzen, SekretärInnen sind vorbei. Sie werden in 5, 6 Jahren durch Avatare ersetzt“. Sogar der eher behäbige Berner Bundesrat Schneider-Ammann liess sich euphorisieren.

Aus heutiger Sicht muss man nüchtern konstatieren: Die Digitalisierung hat den Auftritt verpatzt. Der grosse Schub bei den Softwareinvestitionen fand in den 1990er Jahren statt. Als die Telekom von Analog- auf Digitaltechnologie umgebaut wurde. Und als die Banken und Detailhändler den Zahlungsverkehr, den Handel und die Logistik auf Computer umstellten. Seither geht es bei den Softwareinvestitionen zwar immer leicht aufwärts. Aber der Zuwachs ist angesichts der angekündigten Veränderungen mehr als bescheiden.

Erschreckend ist im Gegenteil, dass die Arbeitsproduktivität in vielen Ländern der Welt spürbar schwächer wächst. Namentlich in den USA, aber auch in Europa. Die Produktivitätsforscher Gordon und Sayed haben sich diese Schwäche genauer angeschaut. Sie kommen zum Schluss, dass das Produktivitätswachstum in IT-affinen Branchen ab 2005 besonders stark gelitten hat – was doch stark mit den Szenarien der Digitaleuphoriker kontrastiert. Es wird oft zu wenig investiert.

Über die Ursachen dieser Investitions- und Produktivitätsschwäche gehen die Meinungen auseinander. Ein wichtiger Faktor ist sicher die lahmende Güternachfrage in zahlreichen Weltwirtschaftsregionen – namentlich in und nach der Finanzkrise. Hierzu ist aber weitere Forschung nötig.

Bemerkenswert spielt die Suva in der Schweiz im Bereich der Digitalisierung mit „künstlicher Intelligenz“ eine führende Rolle. So baute die Suva ein automatisches Rechnungsprüfungssystem (sumex) auf, welches nun auch von der Privatassekuranz genutzt wird. Neu ist der Unfallversicherer daran, die Abwicklung der Unfallfälle mit einem lernenden System teilweise zu automatisieren (smartCare). Neoklassische Ökonomen haben vielleicht etwas Mühe zu verstehen, warum ein Monopolist so innovativ ist. Eine Erklärung dürfte sein, dass eine Firma mit einem langfristigen Horizont, intrinsisch motivierten MitarbeiterInnen und einem guten Sozialplan erfolgreicher ist als eine Privatfirma, welche nur dem kurzfristigen Gewinn hinterherrennt. Aber auch das ist noch zu vertiefen.

 

Reale Softwareinvestitionen pro Vollzeitäquivalent (1995=100)

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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