Supereuropäer Scholz

Blick nach Europa
Verfasst durch Andreas Rieger

Deutsche Wahlen

Mit Spannung verfolgt auch die EU-Spitze die deutschen Wahlen. Böse Zungen sagen, die Beamteten in Brüssel würden erst weiterarbeiten, wenn sie das Resultat kennen. Denn in einigen Dossiers ginge es anders weiter, wenn Rot-Grün  in Berlin dominiert.

Milliarden fliessen

SP-Kanzlerkandidat Olaf Scholz war zentral für das 750-Milliarden-Aufbaupaket, das die EU vor einem Jahr vereinbart hat. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire überzeugte ihn schliesslich, dass Europa angesichts der  dramatischen Coronakrise handeln müsse. Jetzt dürfe man nicht mit Sparpolitik reagieren, wie nach dem Finanzcrash 2008, verlangten die lateinischen Länder Italien, Spanien, Portugal und Frankreich. Die EU müsse solidarisch Kredite
aufnehmen und verteilen. Zum ersten Mal liess sich auch Deutschland überzeugen. Der Hauptgrund war weniger die Solidarität als die Angst vor den Rechtspopulisten, die beim Scheitern der EU überall Oberhand bekämen. Heute beginnen die EU-Milliarden zu fliessen und befeuern den wirtschaftlichen Aufschwung.

Neue Integrationsphase

Für die CDU muss dies jedoch eine einmalige Sache bleiben. Nach Corona müsse die EU wieder zurück zur Schuldenbremse von Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble. Sein Nachfolger Olaf Scholz dagegen verspricht nun, das  EU-  Aufbaupaket sei der «Anfang einer neuen Phase der europäischen Integration». Die EU werde die Kredite zurückzahlen und brauche dazu «eigene Einnahmequellen, etwa eine Finanztransaktionssteuer», die dann auch die Basis für ein richtiges EU-Budget wäre. «Olaf Scholz, der neue Supereuropäer» titelt deshalb das deutsche «Handelsblatt». Eine rot-grün dominierte deutsche Regierung könnte auch anderswo eine fortschrittlichere EU-Politik fördern: Beim Klima, bei den Löhnen, bei der Besteuerung von Facebook, Amazon und Co. etc. In der Sicherheits- und Flüchtlingspolitik ist von Rot-Grün dagegen wenig zu erwarten.

EU – Schweiz

Auch in der Schweiz hoffen einige auf einen Wechsel in Deutschland. Das SP-Co-Präsidium Mattea Meyer und Cédric Wermuth etwa ist überzeugt, dass die Chancen einer sozialen Lösung des Streits zwischen der EU und der Schweiz steigen würden. Sie haben dafür bereits ein Programm mit den Sozialdemokraten aus Deutschland und anderen EU-Ländern unterzeichnet.

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