112 Tage mussten sie streiken, bis sie endlich einen erfolgreichen Abschluss erreichten: 2000 Arbeiterinnen und Arbeiter des finnischen Papierkonzerns UPM. Im Januar waren sie mit ihrer Gewerkschaft Papieriliito in den Arbeitskampf getreten. Es ging um viel: Der Konzern wollte mit der finnischen Tradition brechen, Arbeitsbedingungen branchenweit in Kollektivverträgen zu regeln. UPM wollte die Arbeitszeit verlängern und so den Stundenlohn um 20 Prozent senken. Und zudem 500 Mitarbeitende als «Kader» aus dem Kollektivvertrag ausgliedern. Aber die UPM-Chefs rechneten nicht damit, dass die Gewerkschaft einen Marathonstreik führen würde, der immer grösser werden sollte: Nach 100 Tagen waren sie schon 3000 Streikende. Schliesslich musste der Konzern einem Schlichtungsvorschlag zustimmen. Neu gibt es zwar mehrere Firmen-GAV bei UPM. Aber materiell bleiben sie auf dem Niveau des Branchenvertrags. Die Arbeitszeitverlängerung und die Ausgliederung von Mitarbeitenden musste sich UPM abschminken.
Aufgerappelt
In Europa wird wieder gestreikt. Zwar nicht mehr so viel wie in den streikfreudigen 1970ern. Nach dem damaligen Höhepunkt sank die Zahl der Arbeitskämpfe überall. In den letzten zehn Jahren haben sich die Gewerkschaften aber wieder aufgerappelt. Nur das Coronajahr 2020 erzwang einen Einbruch. Über die grösste Streikkraft verfügen die Gewerkschaften in Belgien, Frankreich und Italien. Weit schwächer sind sie in Österreich, Schweden und im Osten Europas. Und – nicht verwunderlich – in der Schweiz. Dazwischen liegt ein breites Mittelfeld, mit Finnland, Norwegen, Dänemark, Spanien, Portugal usw.
Kita-Erfolg
Zu diesem Mittelfeld gehören auch die deutschen Gewerkschaften. Ihre Mitgliederzahlen sinken zwar seit längerem, ähnlich wie in der Schweiz. Aber ihre Streikkraft ist ungebrochen. Letztes Jahr gab es starke Streiks in den Spitälern Berlins wie auch in der Industrie. Jetzt gerade haben die Kita-Mitarbeitenden landesweit gestreikt. Erfolgreich!
Novum in der Streikgeschichte im Dienstleistungsbereich: Streiken ist jetzt Sache der Frauen, sie stellen die Mehrheit der Streikenden. Und nicht mehr vor allem die Angelegenheit «harter Männer» in der Müllabfuhr.