Schlachthof-Skandal: Hinsehen und handeln!

Blick nach Europa
Verfasst durch Andreas Rieger

Der Skandal in deutschen Fleischfabriken ist ungeheuerlich. Es kommen Zustände ans Tageslicht, welche die Gewerkschaften seit Jahren vergebens anprangern. Da geht es nicht um einzelne Verfehlungen, sondern um ein ausgefeiltes Geschäftsmodell der Brutalo-Ausbeutung. Unternehmer führen Arbeiten nicht mit eigenen Mitarbeitenden aus, sondern geben sie im Werkvertrag einem Subunternehmer weiter. Wohlwissend, dass dieser nur eine Strohmannfirma ist und den Vertrag an weitere  Subunternehmen weitergeben wird.

Wer sind die Menschen, die am Schluss die Arbeit wirklich ausführen? Unter welchen Bedingungen? Niemand weiss es, und niemand kümmert’s, Hauptsache, die Arbeit ist billig, dank 60-Stunden-Wochen zum Lohn von «normalen» 38 Stunden,  Unterkünften wie Internierungslager usw.

Kaputtgespart.
All dies geschieht nicht in einer entfernten Mafiaregion, sondern im ordentlichen Deutschland. Und all das ist EUrechtlich abgesegnet von der transnationalen Dienstleistungsfreiheit. Sie macht Ketten-Werkverträge möglich, endlose Temporär arbeit und Entsendung sowie falsche Selbständigkeit. Alles «erfunden» zur Umgehung der sozialen Rechte derArbeitenden. Ein krankes System.

Selbstverständlich werden Schlachthöfe wie auch Baustellen in Deutschland kontrolliert. Aber plötzlich stellen Politiker fest, dass die Arbeitsmarktkontrollen kaputtgespart wurden. Es herrscht ein Vollzugsnotstand. Jetzt erwacht plötzlich auch die Regierung.  Arbeitsminister Hubertus Heil sieht ein «System der organisierten Verantwortungslosigkeit» und will ein Verbot von Werkverträgen im Kernbereich der Fleischindustrie einführen. Aber warum nur da? Das kranke System existiert auch auf  dem Bau, in der Logistik und weiteren Branchen. Jörg Märle, regionaler Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), fordert drum: «Das geplante Verbot muss für alle Branchen gelten.» Der Staat müsse endlich genügend kontrollieren und Strafen aussprechen. Hinsehen und handeln!

Rahmenabkommen.
Vor dem Hintergrund des deutschen Fleischskandals besehen, sind die Forderungen von süddeutschen Politikern an die Schweiz geradezu absurd. Sie verlangen nämlich, wir müssten uns in Sachen Entsendung von Arbeitnehmenden dem EU-Standard anpassen. Unsere Kontrollen und Sanktionen lockern. Es ist zentrales Thema bei den Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen. Da können wir nur sagen: Organisierte Verantwortungslosigkeit auch in der Schweiz? Nein danke!

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