Schafft sie den Neustart?

Blick nach Europa
Verfasst durch Andreas Rieger

Italiens Sozialdemokratie - PD-Kandidatin Schlein will nichts weniger als eine Neugründung.

Das italienische Desaster nimmt weiter seinen Lauf. Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni erweist sich als Rammbock der Rechtsbürgerlichen: Abbau beim «Bürgergeld» (der erst von der letzten Regierung eingeführten neuen Sozialhilfe). Sparpolitik bei den Altersrenten und anderen staatlichen Leistungen. Gleichzeitig öffnet die Regierung neue Schlupfl öcher für Steuerhinterziehung, ein riesiges Problem in Italien. Ausser den Lohnabhängigen zahlt hier kaum jemand Steuern.

Pierpaolo Bombardieri, Generalsekretär der Gewerkschaft UIL, sagt: «Die Regierung ermuntert zur Steuerflucht – bezahlen sollen die Arbeitenden und die Pensionierten.» Dagegen laufen die Gewerkschaften Sturm.

Wahlkampf

Die fortschrittlichen Parteien agieren währenddessen zerstritten statt geeint. Der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) schlingert. Ihr Generalsekretär Enrico Letta muss nach der selbstverschuldeten Wahlniederlage abtreten. Für seine Nachfolge kandidiert der Regionalpräsident der Emilia Romagna, Stefano Bonaccini (55). Er war früher mit dem Modernisten Matteo Renzi verbunden und politisiert am rechten Rand der Partei. Unterstützung findet er bei vielen Notablen, die den PD baldmöglichst wieder in der Regierung sehen wollen.

Schlangengrube

Dabei steht die Partei vor einer anderen Aufgabe: Der PD, der vielerorts zu einem Wahlverein ohne aktive Basis verkommen ist, müsste sich mit konsequenter Oppositionsarbeit wieder zu einer Massenbewegung entwickeln. Dies ist das Projekt der zweiten Kandidatin, Elly Schlein (37), hinter der die linkeren Kräfte der Partei stehen. Schlein ist im Tessin aufgewachsen und in Italien eine bekannte Anführerin sozialer Bewegungen. Sie spricht nicht die abgehobene  Politikerinnensprache, macht keine One-Woman-Show und will nichts weniger als eine «Neugründung» der Partei durch die Basis anstossen. In ihrem Programm ist die Forderung nach guter statt prekärer Arbeit zentral. Keineswegs selbstverständlich, hat sich der PD doch immer weiter von den Arbeitenden entfernt. Ob Schlein gewählt wird, steht in den Sternen. Sicher ist: Als PD-Chefin müsste sie Riesenkräfte mobilisieren können. Denn die Partei ist eine  Schlangengrube.

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