Niederlande und Deutschland: Mindestlöhne rauf!

Blick nach Europa
Verfasst durch Andreas Rieger

Gewerkschafterin Linda Vermeulen will den Tieflohnskandal in den Niederlanden beenden. Sie sagt: «Jetzt geht es nicht mehr nur um einige Cents. Jetzt wollen wir eine Lohnwende erreichen!» Vermeulen arbeitet bei der grössten niederländischen Gewerkschaft FNV und ist verantwortlich für den Detailhandel. Sie sagt selbstkritisch: «Zu lange haben sich die Gewerkschaften in Lohnmässigung geübt.»

Und tatsächlich: in den Gesamtarbeitsverträgen wurde meist noch knapp die Teuerung ausgeglichen. Gleichzeitig rutschte der gesetzliche Mindestlohn in die Tiefe. Er liegt nur noch bei 47 Prozent des Mittelwerts aller Löhne. Heute gibt es in den Niederlanden gegen zwei Millionen Menschen, die mit einem Niedriglohn leben müssen. Diesen Zustand greifen Linda Vermeulen und ihre Gewerkschaft jetzt frontal an. Mit einer mehrjährigen Lohnkampagne.

Kommt gut an.

«Steh auf für 14 Euro!» So lautet das Motto der FNV-Kampagne. Der gesetzliche Mindestlohn soll auf 60 Prozent des Mittelwerts aller holländischen Löhne rauf – dieser Ansatz wird in ganz Europa immer mehr zur Norm. Denn tiefere Mindestlöhne decken kaum das Existenzminimum, und der Staat muss mit Sozialzuschüssen draufzahlen, auch in den Niederlanden. Die Forderung kommt bei den Leuten deshalb sehr gut an.

Erfolg bei McDonald's

Auch in Deutschland ist wieder Bewegung an der Mindestlohnfront entstanden. Der deutsche gesetzliche Mindestlohn ist noch etwas tiefer als der niederländische. Deshalb  verlangt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) jetzt: Der Stundenlohn müsse mindestens auf 12 Euro rauf. Sozialdemokraten, Grüne und Die Linke vertreten die gleiche Position. Aber die Arbeitgeber und die CDU/CSU legen sich quer. Nicht mehr warten mochten da die Angestellten von McDonald’s, Starbucks und anderer sogenannter Systemgastronomen. Ihr Einstiegslohn liegt bei 9.50 Euro. Als der Tarifvertrag auslief, streikten die Beschäftigten mit der deutschen Gewerkschaft Nahrung und Gaststätten (NGG). Die unerwarteten Kampfmassnahmen kratzten am Lack von Starbucks und McDonald’s und liessen diese einlenken. Der neue Tarifvertrag legt nun fest, dass der tiefste Stundenlohn in grösseren Schritten erhöht wird und Ende 2023 die geforderten 12 Euro erreicht.

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