Neue grün-soziale Regierung: Finnische Frauenpower

Blick nach Europa
Verfasst durch Andreas Rieger

Jüngst witzelte der Innenminister von Estland über die neue Regierung des Nachbarlandes Finnland: «Schaut euch das an!» sagte der 70-jährige Mann: «In Finnland wird eine Verkäuferin Ministerpräsidentin, und andere Strassenaktivisten und Ungebildete bilden das Kabinett!» Kein Wunder, echauffiert sich der Rechtsaussen-Macho, denn Finnland hat neu eine Frau als Ministerpräsidentin. Die jüngste Regierungschefin der Welt! Sanna Marin ist 34-jährig und eine linke Sozialdemokratin. Sie kommt von «unten», ihre Mutter war alleinerziehend und auf Sozialhilfe angewiesen. Und Marin arbeitete während ihrer Ausbildung im Verkauf. Politisch begann sie als Juso-Aktivistin, danach ging’s steil bergauf. Im hohen Norden haben nun die Frauen die Macht übernommen, neben Marin regieren elf weitere Ministerinnen, die meisten sind erst Anfang dreissig.

STREIK. Marins Vorgänger war Antti Rinne, ein gestandener Sozialdemokrat und Gewerkschafter, der pikanterweise über einen Streik stolperte. Die staatlich dominierte Post lagerte ihren Frühzustelldienst an eine private Firma aus, die prompt Löhne und Arbeitsbedingungen verschlechtern wollte. Doch die Pöstlerinnen und Pöstler wehrten sich und streikten. Weitere Gewerkschaften schlossen sich dem Arbeitskampf an. Nur einer zeigte keine ­Solidarität: Gewerkschafter-Ministerpräsident Antti Rinne. Er lavierte und verhedderte sich in Lügen. Schliesslich musste er im letzten Dezember den Hut nehmen.

KLIMANEUTRAL. Marins Regierung ist grün und sozial geprägt. Hauptziel des Regierungsprogramms ist der ökologische Umbau: Bereits 2035 soll das Land klimaneutral sein – und zwar ohne CO2-Ablasshandel im Ausland. Dieses ehrgeizige Ziel wird sozial abgefedert, denn der Umbau trifft auch traditionelle Arbeitsplätze, zum Beispiel in der Torfproduktion. Gleichzeitig will die Regierung den Wohlfahrtsstaat stärken, so bei der Berufsbildung und bei den Renten. Hyperflexible Arbeitsverträge ohne Mindeststundenzahl wollen Sanna Marin und ihre Frauen verbieten.

P.S. Ihrem Verspotter aus Estland entgegnete Marin übrigens postwendend: «Ich bin stolz, in einem Land zu leben, das einer Kassierin ermöglicht, Ministerpräsidentin zu werden».

Top