Was ein Ansturm der gesammelten Wirtschaftslobby auf die Gesetzgebung bewirken kann, haben wir bei der Konzernverantwortungsinitiative gesehen, über die wir im November 2020 abgestimmt haben. Als sich im Parlament ein guter Gegenvorschlag abzeichnete, liessen die Arbeitgeberverbände «Swiss-Holdings» und «Economiesuisse» ihre Muskeln und Beziehungen spielen. Und siehe da: FDP-Bunderätin Karin Keller-Sutter liess sich von ihnen einspannen. Und mit ihr dann alle bürgerlichen Parteien. Das Resultat ist der lausige Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative, der jetzt in Kraft ist.
Patronales Sperrfeuer
Einen gleichen Angriff organisierten die Wirtschaftsverbände auch in der EU. Sie hatte ein starkes Gesetz zur Konzernverantwortung in Aussicht gestellt. Das europäische Parlament beschloss gute Vorgaben. Doch dann begann das patronale Sperrfeuer. Allen voran schossen die Deutschen aus vollen Rohren. Und plädierten für eine möglichst kleine Unternehmenshaftung bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung. Und das nur für wenige Mega-Unternehmen.
Die Lobbyisten spannten die CDU-Fraktion ein. Und diese EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen, eine CDU-Frau. Mit Erfolg! Dreimal wurde die Vorlage aus der Traktandenliste gestrichen. Pech bloss, dass die CDU danach
aus der deutschen Regierung flog.
Keller-Sutter
Jetzt hat es der Gesetzesentwurf doch noch durch die EU-Kommission geschafft. Er hat unterwegs zwar ein paar scharfe Zähne verloren, ist aber im Vergleich zum Schweizer Gegenvorschlag immer noch ziemlich bissig. Und gleicht pikanterweise der Schweizer Konzernverantwortungsinitiative. In einigen Punkten geht der Entwurf der EU sogar darüber hinaus. Zum Beispiel sollen die Unternehmen auch für Verfehlungen der Lieferanten haften. Bundesrätin Keller-Sutter sieht nun alt aus. Hatte sie doch behauptet, ihr Gegenvorschlag entspreche dem europäischen Standard. Auch wenn die Wirtschaftslobby dem Gesetz in der Endrunde weitere Zähne zieht, wird es immer noch weit besser sein als der
Schweizer Gegenvorschlag.