Der politische Kampf um den Lohnschutz tobt in der Schweiz mit offenem Ausgang. Aber die Gewerkschaften haben hier die Nase vorn. Auf dem europäischen Parkett hingegen galt die Debatte lange als verloren: Die EU-Kommission und einzelne Staatschefs der EU forderten unisono den Abbau der flankierenden Massnahmen (FlaM) in der Schweiz. Dann trat mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) ein neuer Player auf, widersprach und stärkte den Schweizer FlaM den Rücken. Es begann eine spannende Aufholjagd im Europäischen Parlament.
Ein erster Achtungserfolg
Bei der ersten Abstimmung über den Lohnschutz in der Binnenmarktkommission im Januar konnte der süddeutsche FlaM-Gegner und CDUler Andreas Schwab noch triumphieren: Mit 32 : 0 Stimmen folgte die Kommission seiner Verurteilung des Schweizer Lohnschutzes als "unverhältnismässig einseitig". Im Februar, bei einer zweiten Abstimmung im Handelsausschuss, war die Sache schon nicht mehr so klar. Eine dritte Abstimmung fand im Plenum des Europäischen Parlaments am 26. März statt. Jetzt unterstützten 264 Abgeordnete ausdrücklich die Schweizer FlaM. Der deutsche Grüne Reinhard Bütikofer hatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Ein Streichungsantrag, der die Schweizer FlaM nicht kritisieren wollte, erreichte 302 von 330 Stimmen. Dahinter standen die Fraktionen der Grünen, der Linken, der SP. "Ein gewerkschaftlicher Achtungserfolg", konstatierte die NZZ zähneknirschend.
Jetzt müssen die Gewerkschaften dranbleiben
Die Geschichte zeigt: punkto Rahmenabkommen ist zwischen der Schweiz und der EU noch nicht alles gelaufen. Der erfahrene Grünen-Politiker Bütikofer sagt es so: "Ich würde erst mal nicht akzeptieren, dass nicht nachkorrigiert werden kann." Gleicher Meinung ist auch Roland Erne. Der Schweizer forscht an der UCD-Universität in Dublin unter anderem zum Thema "Gewerkschaften in Europa". Erne bedauert, dass die Gewerkschaften erst spät in Brüssel lobbyiert haben. "Der selbsternannte Chefankläger gegen die FlaM, Andreas Schwab, ist seit Jahren dran." Erne findet deshalb, die Gewerkschaften sollten ihr Lobbying gegenüber Brüssel und einzelnen Regierungen verstärken. "Da liegt noch viel drin."