Die EU lernt dazu

Blick nach Europa
Verfasst durch Andreas Rieger

Wirtschafts-Interventionen

Staatliche Interventionen der Europäischen Union sind nicht neu. In den Jahren nach dem Crash der Finanzwirtschaft von 2008 intervenierte die EU in vielen Ländern und verlangte brutale Sparpakete und eine Senkung der Löhne. Das Resultat dieses neoliberalen Interventionismus war desaströs: Millionen zusätzliche Arbeitslose und Arme. Und eine geschwächte EU.

Aufbaufonds

Aber die EU-Führung hat dazugelernt. In der Coronakrise entwickelte sie 2020 eine neue Politik: Mit dem SURE-Fund stützte die EU die Arbeitslosenversicherungen der Länder und ermöglichte die Einführung von Kurzarbeit. Mit dem ESM-Fund stützte sie die explodierenden Gesundheitsausgaben von Mitgliedländern mit zinsgünstigen Krediten. Mit dem 750 Milliarden starken Recovery Fund half die EU die Wirtschaft wieder anzuschieben und Arbeitslosigkeit abzubauen. Erstmals nahm sie dafür gemeinsam Kredite zur solidarischen Verteilung auf zugunsten der wirtschaftlich schwächeren Länder.

2022 folgte die nächste Krise und folgten die nächsten Interventionen: Auf die Explosion der Energiepreise antwortete die EU mit Preisdeckeln für Erdgas und für Erdöl. Hinzu kam eine Verordnung zur Besteuerung der exorbitanten «Übergewinne» der Energiekonzerne. Natürlich ging das in der EU als Verbund von 27 Staaten nicht so schnell, und es brauchte immer mehrere Anläufe. Die gescheiterten Anläufe vermeldeten Schweizer Medien jeweils hämisch. Zu Unrecht. Die EU hat einige unkonventionelle Massnahmen beschlossen und umgesetzt: Deutschland, Italien, Spanien und andere Länder schöpfen die Übergewinnsteuern nun vorübergehend ab. Die EU-Massnahmen für die Deckelung der Energiepreise haben deren Steigen gedrosselt.

Investitionspaket

Und jetzt diskutiert die EU die nächste Intervention: ein «industriepolitisches» Paket. Damit will sie die Ökonomie erneut ankurbeln und den ökologischen Umbau voranbringen. Charles Michel, Präsident des EU-Parlaments, sagt: «Kein Land kann dies alleine stemmen – es geht nur gemeinsam.» Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schwebt ein «Gemeinschaftsfonds für den Green Deal» vor. Dieses neuste Projekt ist auch eine Reaktion auf das riesige Subventionsprogramm von Präsident Joe Biden für US-amerikanische Firmen.Der Europäische Gewerkschaftsbund ist natürlich für diesen Gemeinschaftsfonds, kritisiert aber: «Von der Leyen war schnell in der Ansage neuer Gelder, aber von sozialen Bedingungen hört man nichts.» In Bidens Subventionspaket sind solche vorgesehen.

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