Missbräuche bekämpfen, berufliche Chancen verbessern

  • Wirtschaft
  • Flankierende Massnahmen und Personenfreizügigkeit
Medienmitteilung
Verfasst durch Daniel Lampart

SGB-Kommentar zum Observatoriumsbericht des Bundes

Die Schweiz, als kleines Land mit einer stark spezialisierten Wirtschaft, braucht gute und geregelte Beziehungen mit der EU. Sonst kommen Löhne unter Druck und sind Arbeitsplätze gefährdet. Doch die Bilateralen müssen den Berufstätigen in der Schweiz nützen. Der Bundesrat hat einen "umfassenden Schutz vor Lohn- und Sozialdumping" versprochen. Wer in der Schweiz arbeitet, muss einen Schweizer Lohn erhalten und zu Schweizer Arbeitsbedingungen beschäftigt werden. Und: Wer eine Stelle sucht, soll auch eine finden. Daran misst die Bevölkerung die Bilateralen. Daran messen auch die Gewerkschaften die Bilateralen.

Leider wird immer wieder Lohndumping festgestellt. Insbesondere in Branchen ohne Mindestlöhne in Gesamt- oder Normalarbeitsverträgen. Denn ohne Mindestlöhne können Lohndumper nicht gebüsst werden. Die Dumpinggefahr ist bei Neueinstellungen und bei Entsendungen gross. Seit 2012 sind die Einstiegslöhne für Jahresaufenthalter in einigen Branchen gesunken, insbesondere in der Industrie. Und bei den Lohnkontrollen sind letztes Jahr bei 17 Prozent der kontrollierten ausländischen Firmen und bei 11 Prozent der Schweizer Arbeitgeber Lohnverstösse festgestellt worden - gegenüber 12 bzw. 8 Prozent vor fünf Jahren. Dazu kommt, dass ältere Arbeitnehmende in der Schweiz bei der Stellensuche benachteiligt werden. Negativbeispiel ist die Informatik. Dort werden vermehrt Arbeitskräfte im Ausland rekrutiert, obwohl im Inland die Arbeitslosigkeit steigt.

Keine Hilfe im Kampf gegen Missbräuche sind diskriminierende Kontingente. Sie sind mit den Bilateralen inkompatibel. Zudem würde ein Kontingentssystem mit Einzelfallprüfungen des Inländervorrangs die Probleme noch verstärken. Das zeigen die Erfahrungen mit dem alten Kontingentssystem. Lohndruck und Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit waren eine verbreitete Realität.

Die Missbräuche der Personenfreizügigkeit können beseitigt werden, ohne die Bilateralen Verträge zu gefährden. Mit ökonomischen und sozialpolitischen Massnahmen, welche nicht nach Staatsangehörigkeit diskriminieren.

  • Arbeitgeberverbände in Branchen ohne Mindestlöhne müssen endlich bereit sein, allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge abzuschliessen. Zudem braucht es tiefere Hürden für die Allgemeinverbindlich-Erklärung von GAV.
  • In Branchen mit allgemeinverbindlich-erklärten GAV braucht es eine Verstärkung der Flankierenden Massnahmen. Prioritär sind GAV-Bescheinigungen und Berufsregister, in denen die schwarzen Schafe und die Firmen mit einer weissen Weste aufgeführt sind.
  • Die Kontrollvorgaben an die Kantone führen dazu, dass diese die Firmen in dumpinggefährdeten Branchen nur alle 33 Jahre kontrollieren müssen. Das Seco - unterstützt von Arbeitgebern und Kantonen - weigert sich bis heute, die Vorgaben anzupassen.
  • Zur Verbesserung der Lage der älteren Arbeitnehmenden braucht es einen Schutz langjähriger älterer Mitarbeiter gegen Kündigung. Bereits eine Verpflichtung der Arbeitgeber, die offenen Stellen den RAV zu melden, würde die Chancen der älteren Stellensuchenden erhöhen.
  • Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie braucht es mehr bezahlbare Betreuungsplätze.
Auskünfte

Daniel Lampart, Leiter SGB-Sekretariat, 079 205 69 11

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Premier secrétaire et économiste en chef

031 377 01 16

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