Nur eine soziale Digitalisierung hat Zukunft - Geschäftsmodelle wie Uber Eats mit tiefer Produktivität und schlechten Arbeitsbedingungen sind hingegen ein Rückschritt

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Blog Daniel Lampart

Vor einiger Zeit fuhr ein reparaturbedürftiges Klappervelo an mir vorbei – im Sattel ein Kurier von Uber Eats. Mit einem ziemlich unergonomischen Rucksack. Ich war geschockt. Die Schweiz ist ein Land, welches qualitative Topprodukte mit einer sehr hohen Produktivität herstellt. Das Uber-Eats-Geschäftsmodell passt dazu wie die Faust aufs Auge. Dieses rückschrittliche Geschäftsmodell kann in der Schweiz nur überleben, wenn die Arbeitnehmenden sehr wenig verdienen. Oder noch etwas pointierter: Wenn es Uber Eats in der Schweiz gut geht, geht es mit der Schweiz bergab.

Bildquelle: Kassensturz, SRF

Die Digitalisierung à la Uber über Plattformen und Niedriglohnpolitik ist ein Irrweg. Wirtschaftlich Zukunft hat die so genannte «Digitalisierung» nur, wenn sie die Produktivität erhöht und neue qualitativ hochstehende Produkte hervorbringt. Diesbezüglich ist die Bilanz der Schweiz unerfreulich. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie der KOF ETH zeigt sogar einen Abwärtstrend bei den ICT-Investitionen der Schweizer Untenehmen (S. 61).

Auch die Statistiken des BFS zeigen, dass sich das IT-Kapital nach dem grösseren Digitalisierungsschub in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre vergleichsweise schwach nach oben entwickelt hat. Besorgniserregend ist die Lage in der ICT-Branche selber. Dort ist die Arbeitsproduktivität seit 2010 gesunken – wobei die Messung der Produktivität in diesen Branchen naturgemäss schwierig ist.
 

Entwicklung der realen Arbeitsproduktivität (2010=100)

Es gibt aber auch Positivbeispiele im Digitalisierungsprozess. Für viele auf den ersten Blick vielleicht etwas überraschend ist das Beispiel der SUVA, welche als Versicherungsmonopol im Sekundärsektor einem falschen Generalverdacht ausgesetzt ist, nicht an der Innovationsfront zu sein. Doch die SUVA gehört zu den Pionieren im Bereich Versicherungen und Gesundheitswesen. Sie ist gegenwärtig daran, ein automatisiertes System zur Abwicklung von Unfall-Schadenfällen einzuführen. Bereits zuvor hat sie diverse IT-Projekte realisiert, welche im Gesundheits- und Versicherungswesen zum Einsatz kommen. Gründe für diese Führungsrolle sind a) ein auch dank dem SUVA-Obligatorium stabiles Investitionsumfeld (Absatzmärkte, Firmenorganisation, Belegschaft u.a.), b) eine hohe Arbeitsplatzsicherheit für das Personal, was hilft, dass Veränderungen mitgetragen werden und c) eine Führung der Firma mit einem mittel- und langfristigen Horizont.  

Nur eine soziale Digitalisierung hat Zukunft. Das sollte eigentlich klar sein. Dazu braucht es gute, stabile Arbeitsbedingungen. Es braucht entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten und -anstrengungen. Sowie auch Arbeitszeiten und Betreuungsstrukturen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, damit Ausbildungsinvestitionen nicht verloren gehen.

Übrigens hat Uber noch nie Gewinn gemacht. Was zeigt, dass die Firma unter heutigen Bedingungen nicht überlebensfähig und somit auch stark überschätzt ist.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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