Care-Arbeit: Immer noch zu sehr Frauendomäne, immer noch bestraft

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Verfasst durch Christina Werder, SGB-Zentralsekretärin

Wer umsorgt die kleinen Kinder? In der Regel die Mutter. Wer pflegt die chronisch kranken und die alten kranken Angehörigen? In der Regel die Partnerin, eine Tochter oder eine andere weibliche Angehörige. Die Regel muss geändert werden. Es braucht eine gerechtere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern. Auch das fordern die Frauen am 14. Juni.

„Wir haben ein Ziel – gleich viel!“

So lautet das Motto zum Aktions- und Streiktag, den die Gewerkschaften für diesen 14. Juni ausgerufen haben. „Gleich viel“ fordern wir nicht nur an Bezahlung für vergleichbare Arbeit. „Gleich viel“ ist auch in anderen Bereichen verlangt. Etwa in der Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Nach wie vor lastet letztere vor allem auf dem Rücken der Frauen. Das ist vor allem dadurch bedingt, dass Betreuung von Kindern und Betagten, soweit sie privat geleistet wird, vorrangig den Frauen obliegt. Diese Betreuungs-, Beziehungs, Pflege- und Sorgearbeit nennt man heute Care-Arbeit. 

Care-Arbeit ist bedeutend. Sie zielt direkt auf das Leben, prägt unseren Alltag und unsere Lebensqualität. Keine Gesellschaft käme ohne Care aus – im Unterschied zu so manchen Produkten und Dienstleistungen des Marktes. Nur: Vom Sinn allein hat frau noch nicht gelebt. 

Zahlen und Fakten

Fast ein Fünftel aller in der Schweiz geleisteten Arbeit ist Care-Arbeit. Rund 80 % davon wird unbezahlt geleistet und öffentlich kaum wahrgenommen. Bei Care-Arbeit mit Kindern sind dies 93 % (2103 Mio Std. pro Jahr). Und wie ist diese Care-Arbeit zwischen den Geschlechtern verteilt? Für die Betreuung von Kindern wenden die Frauen pro Woche gut 20 Stunden auf, die Männer dagegen bloss 13[1]. In die Betreuung von Erwachsenen investieren Frauen rund 11, Männer rund 8 Stunden. Besonders engagiert dabei sind Frauen zwischen 40 und 64 Jahren.

Sind Kinder im Vorschulalter vorhanden, so hat dies folgende Haus- und Familienarbeit zur Folge: 32 Stunden bei den Männern und 59 bei den Frauen. In diesem Fall sind Männer 41 Stunden/Woche erwerbstätig, Frauen 12. Bei Paaren mit Kleinkindern sind also Erwerbs- und Betreuungsarbeit markant ungleich verteilt. Werden die Kinder älter, nimmt diese Ungleichheit stark ab.

Aber dann stellt sich noch nicht Gleichstellung ein. Denn die Frauen zahlen für diesen Einsatz. Meist das ganze Leben lang. Weil sie so viel betreuen, können sie sich mit Kleinkindern bloss um einen Teilzeitjob bewerben. Sie erhalten dadurch zum einen weniger Lohn und wenn sie sich dann – anderthalb Jahrzehnte später – voll ins Berufsleben einbringen könnten, weisen sie gegenüber jenen Männern, die sich ein Leben lang primär auf die berufliche Karriere konzentriert haben, einen solchen Rückstand auf, dass sie deren Stellung nie mehr einholen können. Kommt dazu, dass Teilzeitarbeit sozialversicherungsmässig weniger geschützt ist. Und: Kaum sind die Kinder flügge, wird von vielen Frauen Betreuung durch die Angehörigen erwartet.

So kommt es also, dass Frauen für das Wahrnehmen einer wichtigen Arbeit auf der Welt benachteiligt werden. 

Nur: das muss nicht naturgegeben so sein. Die heutigen jungen Väter – das immerhin ein Zeichen – leisten im Vergleich zu ihren Grossvätern ja schon einiges mehr an Care-Arbeit. Nur: es reicht bei langem noch nicht. 

Männer, es ist Zeit für Taten! Sorgt dafür, dass radikale Arbeitsverkürzungen beiden Geschlechtern Raum eröffnen, sich genügend um den Nachwuchs zu kümmern! Männer, nutzt die Chance des 14. Juni.

Die Gewerkschaften haben für den 14. Juni einen nationalen Aktions- und Streiktag „Gleichstellung hat ein Ziel: gleich viel“ ausgerufen. In einem breiten Bündnis werden sie dafür sorgen, dass flächendeckend Aktionen, etwa Demonstrationen und, Kundgebungen, zustande kommen. Geplant sind auch Streikpausen in einzelnen Betrieben.

 


[1] Diese Zahlen gelten für Haushalte mit Kindern. Alle Zahlen nach SAKE 2007.

Zuständig beim SGB

Julia Maisenbacher

Zentralsekretärin

031 377 01 12

julia.maisenbacher(at)sgb.ch
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