SGB-Präsident Paul Rechsteiner zieht durchzogene Bilanz

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55. ordentlicher SGB-Kongress eröffnet

SGB-Präsident Paul Rechsteiner hat in seiner Eröffnungsrede zum 55. ordentlichen SGB-Kongress am Donnerstag im Berner Kursaal eine durchzogene Bilanz der letzten Kongressperiode präsentiert. Positiv wertete er Fortschritte bei den Mindestlöhnen und der Ausweitung des Schutzes der Arbeitnehmenden durch Gesamtarbeitsverträge (GAV). Als grössten Negativpunkt führte Rechsteiner die Annahme der sogenannten Masseneinwanderungsinitiative an.

Einiges bewirkt

Wer nur auf die Ergebnisse schaue, müsse auch bei den Volksabstimmungen der letzten vier Jahre aus gewerkschaftlicher Sicht eine negative Bilanz ziehen, sagte Rechsteiner. Er führte die Ablehnung der Mindestinitiative ebenso an wie der Initiative für mindestens sechs Wochen Ferien von Travail Suisse, der Steuergerechtigkeitsinitiative, der 1:12-Initiative und der Initiative für eine öffentliche Krankenkasse. Jedoch seien all diese Initiativen nicht  vergeblich gewesen: „Schlimmstenfalls blieb ein Erfolg aus. Im besseren Fall haben sie unabhängig vom Ergebnis an der Urne einiges bewirkt.“

Dies gelte besonders für die Mindestlohinitiative. Trotz ihrer Ablehnung sei es gelungen, die Marke von 4000 Franken zu setzen. in den Vertragsverhandlungen „kam es dank unserer Mindestlohnkampagne zu eigentlichen Durchbrüchen. Die Gewerkschaften haben die Aufgabe, die Lohn- und Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern. Gemessen an diesem Ziel war die Mindestlohnkampagne ein grosser Erfolg.“

Kritischer wertete Rechsteiner die knappe Niederlage bei der Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten in Tankstellenshops. Rückblickend zeige sich, „dass es nicht nur um ein paar Tankstellen ging.“ Das Sonntagsarbeitsverbot werde zum Beispiel im Outlet Landquart trotz klarer Rechtslage und eines Bundesgerichtsentscheids „schon gar nicht mehr durchgesetzt, ein im schweizerischen Rechtsstaat einmaliger Vorgang.“

Grosses Thema 9. Februar

Alle Abstimmungen der letzten vier Jahre stünden aber im Schatten des Ja zur sogenannten Masseneinwanderungsinitiative der SVP am 9. Februar. „So knapp dieses Ja ausfiel, so schwerwiegend sind die Folgen für die Schweiz und ihre Zukunft, aber auch für die Arbeitnehmenden und die Gewerkschaften.“ Die Position des SGB nach dem 9. Februar lasse sich in drei Punkten zusammenfassen: „Erstens halten wir an den bilateralen Verträgen unter Einschluss der Personenfreizügigkeit fest. Es braucht geregelte Beziehungen zur EU. Zweitens bekämpfen wir jede neue Diskriminierung. Ein neues Saisonnierstatut kommt für uns nicht in Frage. Und drittens braucht es mehr und nicht weniger Schutz für die Löhne und Arbeitsplätze in der Schweiz.“ Die Frage des Wie weiter? nach dem 9. Februar gehöre zu den grossen Themen dieses Kongresses.

Als positive Entwicklung würdigte der SGB-Präsident, dass der Abdeckungsgrad durch Gesamtarbeitsverträge weiter verbessert werden konnte, ebenso die Einführung der Solidarhaftung und besserer Regeln gegen Scheinselbständigkeit. Auch die erstmals in der Schweiz eingeführte Sozialplanpflicht im neuen Sanierungsrecht und die Ratifizierung von Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, wie zum Beispiel zum Schutz der Hausangestellten, erwähnte Rechsteiner als Positivpunkte.

Treten an Ort

Problematischer sei das „Treten an Ort beim Kündigungsschutz für Mitglieder von Personalkommissionen und gewerkschaftliche Vertrauensleute“, aber auch bei der Lohngleichheit zwischen Mann und Frau. Bei den Sozialversicherungen stelle die AHVplus-Initiative „das Gegenprojekt zu den Sozialabbauvorschlägen aus dem Bundeshaus“ dar. Als „bemerkenswerte Arbeitskämpfe“ erwähnte Rechsteiner die Streiks bei Novartis in Nyon und Merck Serono in Genf sowie auf der Grossbaustelle des neuen SBB-Durchgangsbahnhofs in Zürich.

Redebeiträge
  • <media 2360 - - "TEXT, Kongressrede Paul Rechsteiner Beginn red 01, Kongressrede_Paul_Rechsteiner_Beginn_red_01.pdf, 1.5 MB">Paul Rechsteiner, Präsident SGB</media>

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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Daniel Lampart
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