Globaler Lohndruck durch Aushöhlung von GAV: Die Chancen stehen gut, diesen Negativtrend zu drehen

  • Gewerkschaftspolitik
Blog Daniel Lampart

Gesamtarbeitsverträge (GAV) führen zu einer ausgeglicheneren Lohnverteilung – und das ohne negative Beschäftigungseffekte. Beziehungsweise je nach Struktur sogar zu einer geringeren Arbeitslosigkeit. Das sind die Hauptresultate einer breit angelegten Studie der OECD.

In der Schweiz gelang es in den letzten 20 Jahren, die Zahl der Arbeitnehmenden mit GAV deutlich zu erhöhen. Dank einer intensiven Gewerkschaftsarbeit, aber auch mithilfe der Flankierenden Massnahmen. Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass die unteren Löhne in der Schweiz gestiegen sind und nicht abgehängt wurden. Im Unterschied beispielsweise zu Deutschland, wo die GAV-Abdeckung zurückgegangen ist. Bis zur Einführung des staatlichen Mindestlohnes ist der Tieflohnsektor in Deutschland gewachsen.

OECD-weit ist der Anteil der Arbeitnehmenden mit GAV heute auf einem Tiefstand. Schaut man sich die ganze Welt an, so dürfte der GAV-Schutz noch stärker gesunken sein. Denn mit dem Eintritt von China in die Weltwirtschaft hat sich einiges stark geändert. China hat heute einen Anteil am Welt-BIP von über 13 Prozent – gegenüber etwas über 4 Prozent vor rund 20 Jahren. In der Produktion vieler Industrieprodukte hat China die grössten Marktanteile. Auf dem Papier hat China zwar Gewerkschaften und GAV. Doch diese sind nicht mit den westlichen Gewerkschaften vergleichbar. Zwar ist einiges im Wandel. Aber die chinesischen Arbeitnehmervertretungen paktieren traditionellerweise mit den Arbeitgebern bzw. dem Staat.

So gesehen werden vor allem im Industriebereich weltweit immer mehr Produkte verkauft, die ohne echten GAV-Schutz entstanden sind. Diese Entwicklung hat nicht nur zur Lohnungleichheit beigetragen, sondern sie dürfte auch ein Treiber der deflationären Tendenzen gewesen sein. Denn ohne GAV und starke Gewerkschaften gibt es weniger Lohnerhöhungen.

In nächster Zeit besteht die Chance, diese Entwicklung umzudrehen. Hauptbedingung sind natürlich starke Gewerkschaften und GAV-freundliche Regelungen in den Staaten. Doch unabhängig davon gibt es auch andere Faktoren. In China hat die Erwerbsbevölkerung, die bis vor ein paar Jahren noch gewachsen ist, mittlerweile ihren Höhepunkt erreicht. Die Produktionsausweitung ist daher stärker limitiert.

So oder so muss es mit dem Lohnschutz aufwärts gehen. Die Schweiz hat mit ihren Flankierenden Massnahmen wichtige Schritte gemacht. In Deutschland werden die Lohnkontrollen nach den Tönnies-Corona-Skandalen wieder hochgefahren. In der Schweiz steht mit dem Rahmenabkommen die nächste Weichenstellung bevor. Der SGB hat sich hier klar positioniert. Ein Abkommen, welches den eigenständigen Lohnschutz gefährdet, wird abgelehnt. Damit es aufwärts und nicht abwärts geht.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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daniel.lampart(at)sgb.ch
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