GAV- und Lohnverhandlungen, Service public und Lohngleichheit

  • Gewerkschaftspolitik
  • Gleichstellung von Mann und Frau
  • Service Public
  • Löhne und Vertragspolitik
Artikel
Verfasst durch Ewald Ackermann

SGB-Dossier 102 bis 104 erschienen

Innert kurzer Zeit hat der SGB drei Dossiers veröffentlicht. Dossier 104 zum Thema Lohngleichheit stellt eine umfassende Literaturstudie zur Lohndiskriminierung und zu deren Behebung dar. Dossier 103 dokumentiert die Service public-Tagung des SGB vom 27. Februar dieses Jahres. Dossier 102 trägt die wichtigsten Resultate der letztjährigen GAV- und Lohn-Verhandlungen zusammen.

Lohngleichheit: was tun? Dieser Frage widmet sich Dossier Nr. 104. Zuvor aber sichten und werten die Autor/innen die umfangreiche akademische Literatur aus dem In- und Ausland, welche die Lohndiskriminierung zu erklären sucht. Ein weiteres Kapitel legt dar, wie Politik und Institutionen, so sie wollen, die Lohnunterschiede verringern können. Abschliessend werden die Lehren für die Gleichstellungspolitik in der Schweiz gezogen. Dabei werden fünf Forderungen für Lohngleichheit formuliert.

·         Erstens braucht es mehr Lohnschutz durch mehr Gesamtarbeitsverträge und einen nationalen Mindestlohn. Frauen – häufig zu Tieflöhnen beschäftigt  – profitieren davon besonders.

·         Zweitens muss mit griffigen Kontrollen, Transparenz und Sanktionen die Lohndiskriminierung in Schweizer Unternehmen behoben werden.

·         Drittens ist die gleiche Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen zu fördern. Dafür braucht es mehr und bezahlbare Kindertagesstätten und Einrichtungen für Pflegebedürftige, eine bezahlte Elternzeit sowie kürzere und besser planbare Arbeitszeiten.

·         Viertens muss mit Quoten und einer geschlechterneutralen Bildungspolitik für eine angemessene Vertretung der Frauen in allen Bereichen der Arbeitswelt gesorgt werden.

·         Fünftes gilt es schliesslich die Diskriminierung von Frauen wieder stärker zum Thema zu machen.

C. Werder, D. Gallusser, D. Lampart: Was für die Lohngleichheit zu tun ist?  Eine Analyse der Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern und der politischen Gegenmassnahmen. 32 S. SGB-Dossier 104.

Starker Service public

-           „Schluss mit Sparprogrammen, Privatisierungen und sinnlosem Wettbewerb im Service public!

-           Die rechtsgleiche, qualitativ hochstehende Versorgung mit Bildung, Gesundheitsleistungen, Betreuungsangeboten und sozialen Diensten muss im Interesse der Bevölkerung erfolgen und darf nicht privaten Gewinnzwecken dienen.

-           Monopole gehören in den öffentlichen Besitz. Das gilt beispielsweise für die Schieneninfrastruktur ebenso wie für Strom-, Kommunikations- und Wassernetze, für Abwasser und für Kehrichtentsorgung. Monopolgewinne gehören der Allgemeinheit.“

Das sind die ersten drei Forderungen einer Resolution, welche die beinahe 200 Teilnehmenden an einer Tagung des SGB zum Service public am 27. Februar dieses Jahres verabschiedet haben. Diese Resolution findet sich in voller Länge im zweisprachigen Dossier. Dieses dokumentiert zudem – jeweils in der Originalsprache – die 10 Referate, die an dieser Tagung von den Expert/innen gehalten worden sind. Eine Lektüre, die für alle Bereiche des Service public aus gewerkschaftlicher Sicht aufzeigt, was ist, was sein soll und was diesem entgegensteht. Dore Heim, SGB-Zuständige, in der Einleitung dazu: „Nur ein Service public, der genügend Ressourcen personeller und finanzieller Art hat, kann weiterentwickelt werden. Nur ein starker Service public sichert den hohen Lebensstandard in der Schweiz und sorgt für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Chancengleichheit. Es muss in den Service public investiert werden um eine Grundversorgung der Bevölkerung nur schon auf dem heutigen Niveau zu erhalten.“

D. Heim/E. Ackermann: Ein starker Service Public – damit die Schweiz funktioniert. 46 S. SGB-Dossier Nr. 103

 

Das Verhandlungsjahr 2013

Dossier 102 bezeichnet das GAV-Jahr 2013 als das Jahr der Mindestlöhne. Viel häufiger als in den Jahren zuvor sei ein Mindestlohn entweder neu erlassen oder aber auffallend erhöht worden. Meilenstein dabei: die erstmalige, nach Konflikten erreichte Festlegung von Mindestlöhnen in der MEM-Industrie. Feststellbar ist auch eine Tendenz, den tiefsten Mindestlohn bei oder zumindest in Richtung von 4000 Franken/Monat festzulegen. Erklärt wird dies mit der Mindestlohninitiative des SGB, die das Bewusstsein für das Anliegen geschärft und sich so auf die GAV-Verhandlungen ausgewirkt habe.

Zu erwähnen ist, dass es in der Romandie, teils nach Konflikten, gelungen ist, GAV im Rahmen des Detailhandels zu erneuern, so etwa in den Kantonen Genf und Neuenburg sowie in der Stadt Lausanne. Im Bereich des öffentlichen Verkehrs haben die Gewerkschaften in den Kantonen Zürich und Waadt erstmals Rahmen-GAV abgeschlossen. Sie sollen verhindern, dass bei der Ausschreibung von Linien die Konkurrenz auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Gehäuft kam schliesslich die Einführung oder Verbesserung von Vaterschaftsurlaub vor.

Im Bereich der Lohnverhandlungen wertet die Dokumentation grundsätzlich positiv, dass in beinahe allen Verhandlungen Reallohnerhöhungen vereinbart wurden. Als „sehr knausrig und starrsinnig“ werden viele Kantone kritisiert, insbesondere jene, die mit Lohnabbau verbundene Sparprogramme durchgedrückt haben. Die Abschlüsse im Gewerbe werden im Vergleich mit den Vorjahren als „respektabel“ beurteilt. Sie seien jedoch angesichts der guten Auftragslage und des hohen Termindrucks zu wenig hoch ausgefallen.

SGB-Dossier Nr. 102: Vertrags- und Lohnverhandlungen 2013/2014. 22 S.

 

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

031 377 01 16

daniel.lampart(at)sgb.ch
Daniel Lampart
Top