Rasche Erholung der Schweizer Wirtschaft nach Lockerung der Schutzmassnahmen? Die stark steigende Arbeitslosigkeit in Schweden dämpft die Hoffnungen

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Blog Daniel Lampart

Das «Offenhalten der Wirtschaft» sei das «beste Konjunkturprogramm», verkündeten verschiedene Akteure von Bundesrat Parmelin bis Economiesuisse in letzter Zeit. Wie das Beispiel Schwedens zeigt, sind solche Aussagen aber bestenfalls halb richtig. Denn die Bevölkerung hat ihr Verhalten fast überall stark verändert. Und die Firmen stehen bei den Investitionen auf der Bremse. Selbst bei einer weitgehenden Öffnung der Schweizer Wirtschaft werden die Schwierigkeiten nur teilweise verschwinden.

Die Neuzulassungen für Lastwagen sind in der Regel der am schnellsten verfügbare Indikator für die Investitionsaktivität der Firmen. Diese gingen im März/April in fast allen Ländern Europas stark zurück. In der Schweiz wurden seit Ausbruch der Corona-Krise ungefähr 25 Prozent weniger LKWs in Verkehr gesetzt. Allerdings müssen diese Daten mit Vorsicht interpretiert werden, da die Verkaufsstellen für Autos Corona-bedingt geschlossen werden mussten. In Schweden war das nicht der Fall. Doch auch dort wurden markant weniger LKWs neu zugelassen. Der Rückgang unterscheidet sich nicht wesentlich von der Schweiz, was ein Hinweis dafür ist, dass die Investitionsneigung der Firmen fast überall deutlich zurückgegangen ist.

Ähnliches zeigt sich leider auch bei der Arbeitslosigkeit. In Schweden werden seit Mitte März 2020 Woche für Woche doppelt so viele Menschen arbeitslos wie im letzten Jahr. Das «Konjunktur Institutet» erwartet für 2020 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 50 Prozent. Allerdings sind Schweden und die Schweiz nur bedingt vergleichbar. Schweden setzt zwar seit kurzem auch vermehrt auf Kurzarbeit bei der Krisenbekämpfung. Doch das Instrument ist weniger entwickelt als in der Schweiz, wie beispielsweise die Erfahrungen aus der Finanzkrise zeigen, wo die Firmen in Schweden kaum Kurzarbeit beanspruchten. In der Schweiz hingegen haben die Arbeitgeber für rund 1.8 Mio. Arbeitnehmende (rund ein Drittel der Gesamtbeschäftigung) Kurzarbeit angemeldet.

 

 

Schweden: Neuzugänge in die Arbeitslosigkeit (nach Kalenderwochen)

Alle sind nun gespannt, wie es nach den Öffnungen im Detailhandel und Gastgewerbe in der Schweiz weitergeht. Die Bevölkerung ist vorsichtig oder verunsichert – mindestens so wie in Schweden. Dazu kommt, dass die Einschränkungen insbesondere im Gastgewerbe noch relativ stark sind, dass der internationale Tourismus darnieder liegt und die Weltwirtschaft eingebrochen ist. Eine «Normalisierung» der Schweizer Wirtschaft ist daher noch nicht so rasch zu erwarten.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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