Löhne und Arbeitsplätze erhalten – auch für den Wohlstand von morgen

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Blog Daniel Lampart

Die Corona-Krise hat in der Schweizer Arbeitswelt schmerzhafte Spuren hinterlassen. Rund 50'000 Personen sind arbeitslos geworden. Mehrere Hunderttausend sind in Kurzarbeit. Insgesamt ist die Unterbeschäftigung rund 10 Prozent, wenn man neben den offiziell als arbeitslos registrierten Personen und den Arbeitnehmenden in Kurzarbeit auch die Ausgesteuerten und die Teilzeitbeschäftigten, die ein höheres Pensum arbeiten möchten, dazu zählt (auf Vollzeitstellen umgerechnet). 2019 lag die Unterbeschäftigung noch bei rund 6 Prozent.

Besonders traurig ist, dass die Krise diejenigen am stärksten trifft, die bereits in normalen Zeiten Mühe haben, mit dem Lohn über die Runden zu kommen. Oder die bereits vor der Krise befristet angestellt oder auf Stellensuche waren. Diese «vulnerablen» Gruppen auf dem Arbeitsmarkt leiden besonders unter der Corona-Situation. Sie arbeiten oft in den behördlich geschlossenen Branchen – im Gastgewerbe, im Detailhandel oder in der Kulturbranche. Oder sie sind jung und versuchen den Einstieg ins Erwerbsleben zu schaffen. Auch ältere Arbeitslose haben es noch schwieriger, wieder eine Stelle zu finden. Es droht die Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung.

Die Gewerkschaften haben sich seit Beginn der Corona-Krise dafür eingesetzt, dass Löhne und die Arbeitsplätze von Bund und Kantonen gesichert werden. Es brauchte einigen Druck auf das Departement von Bundespräsident Parmelin. Aber schliesslich rang sich der Gesamtbundesrat zum Entscheid durch, die Löhne und die Arbeitsplätze über Kurzarbeit und Erwerbsersatz zu stabilisieren. Das war für die Arbeitnehmenden in der Schweiz eine enorme Erleichterung. Das Negativbeispiel sind die USA, wo unter der Regierung Trump nicht nur eine gesundheitspolitische, sondern auch eine soziale Katastrophe angerichtet wurde.

Trotz diesen Massnahmen sind nun viele Reserven aufgebraucht. Die Kurzarbeit hat zwar 80 Prozent der Lohnkosten der geschlossenen Restaurants und Kulturbetriebe übernommen. Doch die Fixkosten wie Miete, Versicherungen usw. mussten die Firmen aus den Reserven bezahlen. Die Arbeitnehmenden mit tiefen Löhnen kamen mit dem Lohnersatz von 80 Prozent nur schlecht über die Runden und mussten ihre knappen Ersparnisse anzapfen. Doch Bundesrat und Parlament stellten sich lange taub. Erst nach vielen Anläufen gelang es, das Kurzarbeitsgeld bei sehr tiefen Löhnen von 3470 Fr. auf 100 Prozent aufzustocken. Und das Parlament dazu zu bringen, dass es die «Härtefallgelder» aufstockte. Heute sind zum Glück alle geschlossenen Restaurants und Kulturbetriebe als Härtefälle akzeptiert.

Nach wie vor keine Lösung gibt es für die Arbeitslosen, die langsam aber sicher ausgesteuert werden. Die Mitarbeiter von Bundespräsident Parmelin in ihren warmen Büros zeigen ihnen die kalte Schulter: Eine Verlängerung der Arbeitslosengelder wie in der ersten Welle sei nicht nötig. Doch wie sollen die Arbeitslosen eine Stelle finden, wenn viele Firmen geschlossen sind und niemanden einstellen?

In anderen Ländern wie Deutschland und Österreich ist die Bereitschaft, die «vulnerablen» Firmen und Arbeitnehmenden zu unterstützen, grösser. In einer Übersicht des Internationalen Währungsfonds figuriert die Schweiz als eines der reichsten Länder auf der Welt nur im europäischen Mittelfeld.

Diese restriktive Politik ist kurzsichtig. Denn die Massnahmen zur Sicherung der Löhne und Arbeitsplätze sind nicht nur heute, sondern auch für die Zukunft wichtig. Wir müssen die Strukturen in dieser schwerwiegenden Krise möglichst erhalten. Damit es nach der Krise rasch wieder aufwärts geht. Jeder Arbeitsplatz und jede Firma, die erhalten bleibt, ist bei einer Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Aktivität sofort produktiv. Was hingegen zerstört wird, muss zuerst wieder mühsam aufgebaut werden.

Die Perspektiven sind relativ gut. Die Impfung der so genannten Risikopersonen nimmt Fahrt auf. Dazu kommen viele Hunderttausend Personen, die durch eine Corona-Infektion wahrscheinlich immun geworden sind. Unverständlich ist jedoch, dass Bund und Kantone nicht mehr zum Schutz der Personen in den Alters- und Pflegeheimen unternehmen, wo die Gefahr einer schweren Corona-Erkrankung zumindest bis zur Impfung besonders gross ist.

Wichtig ist auch, dass Bund und Kantone nun wirtschaftlich die Zeit nach der Krise vorbereiten. In der Vergangenheit hat die Schweiz immer wieder den Fehler gemacht, Krisen durch staatliche Sparprogramme zu verlängern. In den 1990er-Jahren dauerte die Rezession hierzulande fast zwei Jahre länger als im übrigen Europa. Die in der Corona-Krise aufgelaufenen Defizite dürfen nicht über die Schuldenbremse wieder weggespart werden. Schliesslich hat die öffentliche Hand in den letzten Jahren für Krisen Reserven von über 50 Milliarden Franken angelegt, die nun zur Verfügung stehen. Damit die Wirtschaft rasch wieder in Schwung kommt, können zudem die 5 Mrd. Fr. an überschüssigen Reserven in den Krankenkassen nach dem Sommer an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Das gibt etwas zusätzliche Kaufkraft zu einem Zeitpunkt, zu dem sie gebraucht wird.

Zuständig beim SGB

Daniel Lampart

Sekretariatsleiter und Chefökonom

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