Kinder daheim

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Corona-Elternurlaub und Ausstieg aus dem Lockdown

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Artikel
Verfasst durch Gabriela Medici

Was gilt und was muss besser werden?

Der Corona-Elternurlaub schützt alle erwerbstätigen Eltern mit Kindern unter 12 Jahren vor Lohneinbussen wenn sie ihre Arbeit nicht oder nicht wie üblich erledigen können, weil die Fremdbetreuung ihrer Kinder nicht mehr gewährleistet ist.

Nach anfänglichen Unsicherheiten hat sich die Zahl der ausbezahlten Taggelder für Eltern in den letzten zwei Wochen mehr als verdoppelt. Diese Entwicklung weist in die richtige Richtung. Denn eine erste Zwischenbilanz des SGB zeigte, dass der Corona-Elternurlaub mit Anlaufschwierigkeiten kämpfte – obwohl die Belastung erwerbstätiger Eltern aufgrund der Kinderbetreuung zuhause stetig zunahm. Verschiedene Arbeitgeber haben in der Zwischenzeit nachgebessert, und ihre Angestellten über diese Entlastungsmöglichkeit orientiert.

Auf Druck des SGB hat das Bundesamt für Sozialversicherungen ausserdem klargestellt, dass Arbeitnehmende im Homeoffice nicht ausgeschlossen sind und das Merkblatt entsprechend aktualisiert. Bis Anfang Mai haben knapp 2600 Eltern Corona-Elternurlaub erhalten. Der Bundesrat rechnete mit rund 60‘000 Anmeldungen. Es stellt sich die Frage, woher diese grosse Diskrepanz kommt. Zumal die Gewerkschaften weiterhin zahlreiche Anfragen verunsicherter und überlasteter Eltern erhalten. Und selbst die bürgerliche Presse weist mittlerweile darauf hin, dass der Druck auf die Familien und insbesondere die Mütter weiter zunimmt.

Was gilt ab dem 11. Mai?

Gerade mit Blick auf die ab dem Montag, 11. Mai 2020 geltende neue Phase der Corona-Krise erhält die Verunsicherung rund um die Kinderbetreuung eine neue Dimension. So sind mit der Öffnung zusätzlicher Betriebe wie beispielsweise im Detailhandel und der Gastronomie viele erwerbstätige Eltern erst jetzt mit der Herausforderung konfrontiert, dass ihre Präsenz am Arbeitsplatz wieder gefordert ist – die Kinderbetreuung aber alles andere als normal funktioniert. Zwar hat der Bundesrat beschlossen, dass auch die Schulen wieder starten. Doch das bringt den Eltern nur eine teilweise Entlastung. Denn viele Kantone sehen eine Übergangsphase und nur einen schrittweisen Schulbeginn vor. Für schulergänzende Betreuungsstrukturen gelten teilweise noch einmal andere Übergangsfristen. Beispielsweise gilt im Kanton Zürich weiterhin das Prinzip, Kinder möglichst zu Hause beziehungsweise privat zu betreuen. Die Zürcher Gemeinden beschränken das Betreuungsangebot entsprechend weiterhin. Und auch die Betreuung durch Grosseltern fällt aus - auch hier mit offenem Enddatum.

Von den Eltern – und den Arbeitgebern – wird in dieser Situation lapidar Verständnis und Flexibilität verlangt. Anstatt klarzustellen, dass die Möglichkeit des Corona-Elternurlaubs auch nach dem 11. Mai solange besteht, als auch die Fremdbetreuung der Kinder corona-bedingt weiterhin ausfällt. Dabei ist die Notverordnung in dieser Frage klar: wenn der Schul- bzw. Kitabesuch infolge kantonaler Einschränkungen wie z. B. der Führung von Halbklassen nicht oder nur teilweise möglich ist, oder wenn die Betreuungspersonen weiter ausfallen, weil sie der Risikogruppe angehören, dann besteht auch weiterhin Anspruch. Dieser endet erst, wenn eine Betreuungslösung gefunden wurde, mit dem 12. Geburtstag des Kinds oder mit dem Wegfallen aller Einschränkungen. Wie alle Notverordnungen gilt dies bis auf weiteres bzw. bis die Bestimmung am 16. September 2020 ausläuft.

Entflechtung von Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit

Damit der Ausstieg auf dem Lockdown gelingt, müssen erwerbstätige Eltern klar wissen, ob sie Anspruch auf einen Betreuungsplatz für ihre Kinder haben oder nicht – und wenn ja, zu welchem Preis. Solange die Kinderbetreuung nicht gesichert ist, haben sie die gesetzliche Pflicht, sich um ihre Kinder zu kümmern. Niemand darf deshalb die Stelle verlieren oder gezwungen werden, dafür Ferien zu beziehen. Dies ist besonders wichtig für jene Eltern, die ihre Arbeit nicht von zu Hause aus ausführen können.

Keine Doppelbelastung im Corona-Homeoffice 

Doch auch für Eltern im erzwungenen, aber aus Gesundheitsschutz-Gründen nötigen Corona-Homeoffice muss die Erwerbsarbeit und Kinderbetreuung jetzt umgehend entflochten werden. In acht Wochen Lockdown hatten die Arbeitgeber genügend Zeit, sich um eine gesetzeskonforme Umsetzung der Arbeits- und der Ruhezeiten im Homeoffice zu bemühen – und andernfalls auf den Corona-Elternurlaub zurückzugreifen. Denn besonders im Homeoffice gilt – unabhängig von allfälligen Kinderbetreuungspflichten – das Verbot der Nachtarbeit zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens sowie die tägliche Ruhezeit von mindestens elf aufeinander folgenden Stunden. Gerade Eltern im Homeoffice haben Recht auf Schlaf, Erholung und Schutz vor Burnout.

Als Anregung für eine Stunde Rechnen mit den Kindern im Fernunterricht: gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass die Ruhezeit von 20 Uhr abends bis 7 Uhr morgens erfolgt. Denn für die Einführung von Abendarbeit ab 20 Uhr braucht der Arbeitgeber gemäss Gesetz die obligatorische Mitwirkung der Arbeitnehmenden. Gehen wir weiter davon aus, dass die Kinder sich vormittags und nachmittags je maximal zwei Stunden selbst beschäftigen können. Das dürfte für Kinder unter 12 Jahren eher die Obergrenze darstellen. Wie viele Betreuungspersonen braucht es, damit die Arbeitszeiten voll geleistet werden können?

Jedes Kind wird sagen können: diese Rechnung geht nicht auf. Deshalb heisst die Lösung der «Fangfrage»: Corona-Elternurlaub beantragen!

Zuständig beim SGB

Gabriela Medici

stv. Sekretariatsleiterin

031 377 01 13

gabriela.medici(at)sgb.ch
Gabriela Medici
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