Unweigerlich: die Krise schwappt Richtung Exportindustrie, und bald werden ihre Wellen Teile des Binnensektors erreichen. Deshalb braucht es nun rasche und massive Gegensteuer der Politik. Sonst steigen absehbar die Arbeitslosenzahlen gewaltig an – und das bedeutet mehr Leid für die Betroffenen und ihre Familien, mehr soziale Unsicherheit und Unruhe in der Gesellschaft und den Verlust von Know-how in der Wirtschaft.
Schafft Arbeit
Krise bekämpfen – Arbeit sichern heisst deshalb die Devise aller sozial Gesinnten. Der SGB und seine Verbände stellen ins Zentrum der Krisenbekämpfung ein Investitionsprogramm in der Grössenordnung von mindestens einem Prozent des BIP. Das entspricht 5 Milliarden Franken, also einem knappen Zehntel jener Summe, die der Bund in die Rettung der UBS investiert hat. Zusammengestellt hat der SGB allerdings Investitionsprojekte im Umfang von 7 Milliarden Franken. Ein solches Investitionsprogramm ist, wie eine neue Studie der KOF-ETH[1] zeigt, konjunkturell sehr wirksam, auch wenn Leute, die durch den Gang der jüngsten Dinge eigentlich eines Besseren belehrt sein, nicht aufhören, das Lied von der grundsätzlichen Ineffizienz solcher Massnahmen zu singen. Die KOF-Studie weist klar nach: Jeder so investierte Franken wird die Wertschöpfung um den Faktor 1,6 erhöhen. Einfach übersetzt: Wenn sinnvoll gebaut wird, profitieren nicht nur der Bauarbeiter, sondern auch die Zulieferbetriebe und sogar das Dorfrestaurant, in dem ein Paar, das sonst den Gürtel sehr eng schnallte, ab und zu mal essen geht. Die 5 Milliarden investierten Franken werden anfangs 2011 für 25'000 zusätzliche Stellen (Vollzeit) sorgen; kumuliert über die Jahre 2009 bis 2011 beläuft sich die zusätzliche Beschäftigung auf 47'000 Personenjahre. Und das ist einiges: Denn ohne aktive Krisenbekämpfung errechnet SGB-Chefökonom Daniel Lampart eine Verdoppelung der Arbeitslosigkeit von heute bis Ende 2010.
Ökologisch sinnvoll
Betonieren und später wieder abreissen, allein um sinnlos Arbeit zu schaffen: Das wollen die Vorschläge des SGB nicht. Im Gegenteil: Alle Projekte, die nunmehr angepackt werden sollen, fördern den ökologischen Umbau. Sie sind damit auch eine Investition in eine qualitativ sicherere Zukunft. SGB-Präsident Paul Rechsteiner dazu konkret: „Im Vordergrund stehen rasch ausführungsreife Massnahmen für die Förderung des öffentlichen Verkehrs, welche ohnehin realisiert werden sollten, mangels finanzieller Mittel aber auf der langen Bank gelandet sind.“ Neben den bauorientierten Forderungen (Übersicht der einzelnen Forderungen: siehe Kasten) will der SGB auch die familienergänzende Kinderbetreuung pushen. Auch hier ist der soziale Mehrwert klar greifbar.
Kaufkraft stützen, Weiterbildung fördern
Neben dem Investitionsprogramm fordert der SGB weiter:
- In der Arbeitslosenversicherung ist sofort zu entscheiden, dass die Dauer der Kurzarbeit von 12 auf 18 Monate ausgedehnt wird. So können Unternehmen mit Auftragsflauten besser planen.
- Die in der Hochkonjunktur vernachlässigte Weiterbildung muss jetzt in Angriff genommen werden. Dazu sind neben den Mitteln der Berufsbildung auch die arbeitsmarktlichen Massnahmen der Arbeitslosenversicherung unbürokratisch in Anspruch zu nehmen. Besonders nötig sind Nachholbildungen für schwach Qualifizierte.
- Die Nationalbank muss den hohen Franken dringend nach unten korrigieren. Daniel Lampart dazu: „Bleibt der Franken auf aktueller Höhe, dürfte dies bis Ende Jahr 40'000 Arbeitsplätze kosten.“
- Schliesslich ist die zu stärken. Das bedeutet primo, dass die drohenden massiven Erhöhungen der Krankenkassenprämien auf das kommende Jahr für die unteren und mittleren Einkommen durch aufgestockte Mittel zur Verbilligung der Krankenkassenprämien aufgefangen werden. Für die Familien mit Kindern ist und bleibt die wirksamste Massnahme eine Erhöhung der Familienzulagen, von 200 auf 250 für Kinder bis 16, von 250 auf 300 für Kinder in der Berufsausbildung. Im Unterschied zu Merzschen Steuerentlastungs-Projekten für Reiche kommt hier die politische Verteilung von Kaufkraft wirklich solchen zugute, die das Geld wieder ausgeben müssen.
Krisenkonferenz
Jetzt ist also Gegensteuer verlangt. Das appelliert an alle bedeutenden Kräfte. Ideologisches Profil zu betonen – dazu ist jetzt die falsche Zeit. Der SGB schlägt deshalb dem Bundesrat und dem Volkswirtschaftsdepartement vor, eine Konferenz gegen die Krise einzuberufen, an der die Ausgangslage und die möglichen Massnahmen mit den wichtigsten wirtschaftspolitischen Akteuren besprochen werden sollen. Neben den Sozialpartnern gehören dazu die Kantone und die Nationalbank. Eine ganz besondere Verantwortung kommt aber den Arbeitgebern zu. Sie müssen nun Solidarität zeigen und die Belegschaften halten, so wie die Arbeitnehmenden in besseren Zeiten opferbereit für das Wohl der Firmen eingestanden sind.
Wichtigste Teile des Investitionsprogrammes
An erster Stelle stehen Massnahmen zur Substanzerhaltung bei der SBB (vorgezogene Fahrbahnprojekte) und zur Lärmsanierung auf dem SBB-Netz. Dazu kommen Massnahmen zur Förderung des Agglomerationsverkehrs. Ein weiterer Fächer umfasst den Hochwasser- und Lawinenschutz. Schliesslich soll die Sanierung öffentlicher Gebäude intensiviert werden. Zudem setzt der SGB auch auf einen Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung und eine schnellere Gangart in der Ausbildung des entsprechenden Personals.
[1] Veröffentlicht auf www.sgb.ch. Daselbst alle weiteren Texte der Medienkonferenz.