Qualitätsinformation und anständige Arbeitsbedingungen statt Publireportagen und Katzenvideos: Ja zum Medienpaket!

  • Kommunikation und Medien
Artikel
Verfasst durch Reto Wyss

Abstimmung vom 13. Februar 2022

Parallel zum Rückgang der Medienvielfalt verschlechtern sich auch die Arbeitsbedingungen der JournalistInnen seit Jahren. Davon profitieren finanziell Facebook und Google genauso wie Tamedia, Ringier und Co. Es braucht eine Kehrtwende, und diese beginnt mit einem Ja zum Medienpaket.

Warum sollen Medien öffentliche Gelder erhalten? Zeitungen und private Fernsehsendungen sind doch Produkte wie jedes andere, welche sich an daran interessierte KonsumentInnen verkaufen lassen. Weit gefehlt: Eine funktionierende Medienlandschaft ist weder in ihrer Bedeutung mit einer Crèmeschnitte oder einem Netflix-Abo vergleichbar, noch lässt sich ihre Finanzierung einzig und allein über den Verkauf «am Markt» gewährleisten. Das war schon lange so und ist es heute umso mehr. Weshalb?

Erstens kommt der faktenbasierten Berichterstattung in einer demokratischen Informationsgesellschaft eine sehr wichtige Rolle zu: Medien sind ein tragendes Fundament des öffentlichen Meinungsbildungsprozesses, ohne sie fände eine vertiefte demokratische Auseinandersetzung schlichtweg nicht statt. Zweitens sind die Medien damit ein unabdingbarer Teil des Service public. Und dieser hat es an sich, dass er nicht, oder zumindest nicht ausschliesslich über den Markt finanziert werden kann. Müsste die SBB ihr feinmaschiges öV-Angebot heute einzig über die Billettpreise finanzieren, würde niemand mehr mit dem Zug reisen. Und genau deshalb wird die Bahn auch stark subventioniert – völlig zu Recht.

Falsche Entwicklungen stoppen

Auch die mediale Grundversorgung wird schon seit Langem öffentlich unterstützt, etwa durch tiefere Posttarife für Zeitungen in kleinerer Auflage. Doch mit den neuen Realitäten der Medienbranche ist dieses Minimalmodell des medialen Service public nicht mehr kompatibel: Durch die stetig sinkenden Abo-Einnahmen und den massiven Abfluss der Werbegelder sind die Probleme der Schweizer Medien heute gewaltig. Vor allem kleine und auf die regionale Berichterstattung ausgerichtete Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und TV-Sender können sich kaum mehr über Wasser halten. Damit sinken nicht nur Angebot und Qualität des Medienangebots stetig, sondern es gehen auch laufend Arbeitsplätze verloren bzw. die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich. Im Gleichschritt dazu nimmt wiederum die Konzentration und damit die Macht der grossen Medienkonzerne Tamedia, Ringier und Co. sowie deren vermögender Besitzenden immer weiter zu.

Parallel dazu lässt sich eine weitere Entwicklung beobachten: Ein immer grösserer Teil der medialen Berichterstattung findet nicht mehr gedruckt oder gesendet, sondern online statt. Das ist an und für sich kein Problem, nur zeigt sich, dass der beschriebene Konzentrationsprozess im Internet schon viel weiter vorangeschritten ist. Eine ausreichende Finanzierung fundierter Medienangebote, welche sich weder auf Falschnachrichten noch auf Katzenvideos spezialisieren, ist daher alleine über Publikumseinnahmen online nicht mehr zu schaffen. Denn die Macht der grossen Internetgiganten ist auch in der Schweiz ungleich grösser als jene der GrossverlegerInnen. Mit jährlich bereits 2 Milliarden Franken an Werbeeinnahmen entziehen Facebook, Google und Co. dem Informationsjournalismus die finanzielle Grundlage in einem ganz substanziellen Ausmass.

Vernünftige Massnahmen für einen medialen Service public

Wenn die Politik untätig bleibt, werden sich die beschriebenen Entwicklungen weiter beschleunigen. Und genau deshalb braucht es das Medienpaket: Es verschafft der Medienbranche und ihren über 11'000 engagierten JournalistInnen etwas Luft und ermöglicht die Anpassung der existierenden sowie die Entwicklung von neuen Medienangeboten. Dies mit einem auf sieben Jahre befristeten Mix aus Massnahmen – von der ausgeweiteten Vergünstigung der Postzustellung über die Unterstützung von Ausbildungen bis hin zur Förderung der hauptsächlich kleinen Online-Medien. Auch wichtige strukturelle Massnahmen wie die Pflicht zur Verhandlung von Gesamtarbeitsverträgen in der Frühzustellung sind Teil davon.

Aus gewerkschaftlicher Sicht ist ein Ja zum Medienpaket unabdingbar: Das Medienpaket ermöglicht die technologieunabhängige Förderung von Informationsjournalismus im ganzen Land.  Dank des degressiven Subventionsmodells erhalten die kleinen Medien – seien es junge Onlineportale, Lokalzeitungen in Randregionen oder etwa eine an ein migrantisches Publikum gerichtete Spartenzeitschrift – einen überproportionalen Anteil der vorgesehenen Unterstützungsgelder. Das stärkt den Zugang aller Landesteile und Bevölkerungsgruppen zu einer qualitativ hochstehenden und finanziell breit zugänglichen Informationsversorgung.

Scheitert das Medienpaket, geht es weiter wie bisher: Facebook und Google sahnen noch mehr Werbegelder ab (für null mediale Eigenleistung!), die Lokal- und Regionalmedien sterben weiter aus und die wenigen verbleibenden Formate der grossen Medienhäuser füllen sich noch mehr mit Publireportagen und bezahlten Sendefenstern. Genau diese Entwicklung ist es, welche Unabhängigkeit und Medienvielfalt heute immer mehr einschränkt – und nicht der Ausbau der Medienförderung. Deshalb am 13. Februar Ja zum Medienpaket!

Top